Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Eintritt der Genehmigungsfiktion bei Mitwirkungsverlangen der Krankenkasse
Orientierungssatz
Auch im Rahmen des § 13 Abs 3a SGB 5 tritt bei einem Mitwirkungsverlangen der Krankenkasse die fiktive Genehmigung nur dann nicht ein, wenn dem Leistungsberechtigten für seine Mitwirkung eine angemessene Frist gesetzt wurde und er auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung hingewiesen wurde.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 09.07.2015 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung der Magenbypass-Operation als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung zustand.
2. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Magenbypass-Operation als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung hat.
Die 1957 geborene Klägerin, die bei der Beklagten krankenversichert ist, hatte bereits im Mai 2011 die Gewährung einer operativen Magenverkleinerung beantragt. Nach Einholung eines Gutachtens beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) hatte die Beklagte den Antrag abgelehnt.
Mit Schreiben vom 15.05.2013, bei der Beklagten eingegangen am 17.05.2013, beantragte die Klägerin erneut eine Magenbypass-Operation und führte aus, sie habe mittlerweile eine zwölfmonatige ärztlich kontrollierte konservative Therapie im Sinne eines multimodalen Behandlungskonzepts durchgeführt. Mit Schreiben vom 29.05.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie benötige noch weitere Unterlagen. Sie bat die Klägerin, einen Antrag ihres Hausarztes, aktuelle Ernährungsprotokolle sowie einen Antrag des Krankenhauses vorzulegen, in dem der Eingriff durchgeführt werden solle. Mit Schreiben vom 28.06.2013 übersandte die Klägerin die angeforderten Ernährungsprotokolle und teilte mit, ein Antrag ihres Hausarztes sowie ein Antrag des Krankenhauses liege der Beklagten bereits seit Mai 2011 vor. Mit Schreiben vom 04.07.2013 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie ihr im September 2011 telefonisch mitgeteilt habe, dass zum damaligen Zeitpunkt keine Kostenübernahme habe erfolgen können, da eine Ernährungsumstellung, Beratungstermine etc. erfolgen sollten. Benötigt würden ein aktueller Befundbericht sowie der Antrag des Hausarztes. Die Klägerin übersandte daraufhin ein ärztliches Attest der Praxis W… /M… vom 29.07.2013, das bei der Beklagten am 05.08.2013 einging. Mit Schreiben vom 07.08.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe die Antragsunterlagen an den MDK zur Prüfung weitergeleitet, inwieweit die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Maßnahme vorlägen. In seinem Gutachten vom 26.08.2013 gelangte der Arzt im MDK K… zum Ergebnis, ein strukturiertes, nachvollziehbar dokumentiertes Therapieprogramm bleibe vorrangig. Am 05.09.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin telefonisch ab. Mit Bescheid vom 12.09.2013 erfolgte die schriftliche Ablehnung. Hiergegen legte die Klägerin am 09.10.2013 Widerspruch ein. Die Ärzte im MDK K… und Dr. S… führten in ihrem Gutachten vom 04.11.2013 aus, es hätten sich keine neuen medizinischen Aspekte ergeben. In einer weiteren Stellungnahme vom 31.01.2014 gelangte sie zum Ergebnis, ein konservatives multimodales Therapieprogramm sei nicht nachvollziehbar belegt worden. Mit Schreiben vom 06.03.2014 gab die Beklagte der Klägerin Gelegenheit, eine aktuelle Bescheinigung ihres behandelnden Arztes einzureichen. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 25.04.2014 geltend, ihr Antrag gelte gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als genehmigt.
Am 23.05.2014 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Speyer erhoben. Durch Urteil vom 09.07.2015 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 05.09.2013 und 12.09.2013 verurteilt, die Klägerin mit einem Magenbypass zu versorgen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Statthaftigkeit der Leistungsklage setze voraus, dass ein Rechtsanspruch auf die Leistung bestehe, ohne dass ein Verwaltungsakt zu ergehen brauche. Dies sei hier der Fall, da die Klägerin die begehrte Versorgung auf die aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V folgende Genehmigungsfiktion stütze. Diese Fiktion führe im Falle ihres Eintritts zu dem Ergebnis, dass die beantragte Leistung mit der Wirkung eines Verwaltungsakts als genehmigt gelte. Der Erlass eines gesonderten Bescheids sei dann nicht mehr erforderlich. Die Verbindung mit einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) sei zulässig. Die mit der echten Leistungsklage verbundene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) sei ebenfalls zulässig. Denn der Klägerin müsse gerichtlicher Rechtsschutz dafür zustehen, die ablehnenden Bescheide der Beklagten zu beseitigen (Hinweis auf Sozialgericht Augsburg 03...