Verfahrensgang
SG Trier (Urteil vom 30.01.1975; Aktenzeichen S 3 U 38/73) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 30. Januar 1975 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der 1933 geborene Kläger war ab 21. Juni 1971 Schweißer im Montageeinsatz der Firma D. Stahlbau GmbH bei dem in Di./Luxemburg ansässigen Unternehmen A. Da von seiten der Arbeitgeberfirma keine Wohn- und Schlafgelegenheit zur Verfügung gestellt wurde, quartierte sich der Kläger privat in dem in Di. in der Nähe der Arbeitsstelle gelegenen Cafe „I.” ein, in dem jedoch keine Mahlzeiten, auch kein Frühstück verabreicht wurden. Die regelmäßige Arbeitszeit dauerte täglich von 6.00 bis 18.00 Uhr bei einer Frühstückspause von 15 Minuten und einer Mittagspause von 30 Minuten. Am 7. Juli 1971 arbeitete der Kläger bis 18.00 Uhr. Nach Körperreinigung und Umziehen auf dem Betriebsgelände verließ er in Begleitung der Arbeitskollegen M. und Z. gegen 18.30 Uhr das Werksgelände in Richtung der von ihn seit ca. zwei Wochen zum Abendessen aufgesuchten in entgegengesetzter Richtung zu seiner Unterkunft gelegenen Pension „S” in Di.. Um 18.38 Uhr wurde er auf dem Bürgersteig der E.-M.-Straße in Höhe des Hauses Nr. … unterhalb des damaligen Hauptportals der Firma A. von einem Pkw erfaßt und erlitt hierbei neben einem Zahnschaden den Verlust des rechten Unterschenkels.
Nach Ermittlungen bei dem Polizeikommissiariat in Di. und an Ort und Stelle, nach Beiziehung von Katasterplänen und Skizzen sowie Einvernahme des Klägers und seiner beiden Arbeitskollegen M. und Z. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. Februar 1973 die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen an, für den Kläger habe im Unfallzeitpunkt kein Versicherungsschutz bestanden; ausschlaggebend für den von ihm eingeschlagenen Weg seien rein persönliche Gründe – die Einnahme von Essen – gewesen. Der Kläger habe sich im Unfallzeitpunkt auf einem Abweg befunden.
Im Klageverfahren hat der Kläger die Auffassung vertreten, unter Berücksichtigung der besonderen Umstände habe für ihn Versicherungsschutz bestanden. Bei seiner Anhörung vor dem Sozialgericht Trier im April 1974 hat er darauf hingewiesen, das Werksgelände habe ohne schriftliche Genehmigung während der Arbeitszeit nicht verlassen werden dürfen. Zur Einnahme eines warmen Mittagessens habe wegen der kurzen Zeit keine Möglichkeit bestanden. Auf eine warme Mahlzeit am Tag, die er notgedrungen abends hätte einnehmen müssen, sei er angewiesen gewesen. Deshalb sei er regelmäßig unmittelbar nach der Arbeit zur Einnahme des Abendessens zur Pension „S.” gegangen. Dort habe er eine Diätmahlzeit erhalten können, auf die er wegen eines Magenleidens angewiesen sei. Hierzu hat sich der Kläger auf eine Bescheinigung des praktischen Arztes Dr. O. vom 21. Mai 1973 berufen.
Nach Beiziehung der Unfallakten von der luxemburgischen Polizei und Vernehmung der Arbeitskollegen des Klägers M. und Z. als Zeugen hat das Sozialgericht Trier durch Urteil vom 30. Januar 1975 unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 7. Juli 1971 zu entschädigen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Nach dem Ermittlungsergebnis liege ein Ausnahmefall aufgrund außergewöhnlicher, auf betriebliche Gründe zurückzuführender Begleitumständen vor, der dazu führe, den Weg zwischen dem Ort der Tätigkeit und der Stelle, an der das Essen eingenommen wurde, als versichert anzusehen. Hierbei seien die besonderen Umstände – Aufenthalt in einem fremden Ort im Ausland während eines Montageeinsatzes, Einquartierung in einer keinerlei Mahlzeiten verabreichenden Unterkunft, Notwendigkeit von Diätkost und zu kurze, unzumutbare Öffnungszeiten der Werkskantine – ebenso zu berücksichtigen wie die Notwendigkeit der Einnahme einer warmen Mahlzeit pro Tag nach Arbeitsbeendigung zur erforderlichen Kräftigung, Erholung und Erfrischung.
Durch Beschluß vom 21. April 1975 – zugestellt am 28. April 1975 – hat das Sozialgericht den Antrag der Beklagten, die Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen, abgelehnt. Daraufhin hat die Beklagte am 12. Mai 1975 die Berufung eingelegt. Sie trägt vor: Auch bei einem auswärtigen Montageeinsatz bestehe regelmäßig kein Versicherungsschutz für die gesamte Dauer der Reise und bei jeder Tätigkeit. Vielmehr gebe es auch hier private unversicherte Bereiche, zu denen die Einnahme von Mahlzeiten und die hierzu erforderlichen Wege gehörten. Nach dem Ermittlungsergebnis seien keine Umstände für eine Betriebsbezogenheit des vom Kläger eingeschlagenen Abweges zur Pension „S.” zur Einnahme des Abendessens erkennbar.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage gegen den Bescheid vom 1. Februar 1973 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird a...