Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB 5. Bezug von laufenden Leistungen nach § 2 AsylbLG

 

Orientierungssatz

Der Bezug von laufenden Leistungen nach § 2 AsylbLG zum Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis schließt eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst b SGB 5 aus.

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 27.04.2018 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerinnen in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 01.10.2015 in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten pflichtversichert waren; seit dem 02.10.2015 besteht für sie aus der Mitgliedschaft ihres Vaters bei der Beklagten Familienversicherungsschutz.

Die 2014 in Deutschland geborenen Klägerinnen sind syrische Staatsangehörige. Ihre Eltern, ebenfalls syrische Staatsangehörige, für die am 02.06.2014 eine Verpflichtungserklärung zur Sicherung der Kosten für den Lebensunterhalt gemäß § 68 Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthaltsgesetzAufenthG) abgegeben worden war, sind im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG. Den Klägerinnen wurden vom Beigeladenen zu 2 zunächst Fiktionsbescheinigungen mit einer Gültigkeit bis zum 29.11.2014 nach dem Aufenthaltsgesetz ausgestellt; am 29.09.2014 erteilte der Beigeladene zu 2 den Klägerinnen Aufenthaltserlaubnisse als Familienangehörige nach § 33 AufenthG mit einer Gültigkeit bis zum 12.01.2016. Mit Bescheid vom 12.08.2014 gewährte der Beigeladene zu 2 den Klägerinnen Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) ab 01.09.2014. Auf ihren Antrag vom 30.09.2014 bewilligte der Beigeladene zu 1 den Klägerinnen mit Bescheid vom 27.10.2014 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab 01.10.2014.

Unter Vorlage einer „Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse“ der Beigeladenen zu 1 vom 16.10.2014 über die Antragstellung nach dem SGB XII sowie der bis zum 29.11.2014 gültigen Fiktionsbescheinigung des Beigeladenen zu 2 stellten die Klägerinnen im Oktober 2014 Anträge auf Mitgliedschaft bei der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 20.10.2014 ab, da der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die vorrangige Absicherung der Klägerinnen durch den Bezug von Sozialhilfeleistungen entgegenstehe; die Begründung einer freiwilligen Krankenversicherung komme mangels Vorversicherungszeit nach § 9 SGB V nicht in Betracht. Mit ihren hiergegen erhobenen Widersprüchen machten die Klägerinnen geltend, zum Zeitpunkt ihrer Geburt habe weder eine private noch gesetzliche Krankenversicherung bestanden. Auch anderweitig hätten sie keine Absicherung im Krankheitsfall gehabt. Aufgrund ihrer Geburt in Deutschland hätte ein Anspruch nach dem AsylbLG nicht bestanden, Sozialhilfeleistungen hätten sie erst ab dem 01.10.2014 erhalten. Ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt bestehe daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2015 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerinnen zurück. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13b SGB V seien Personen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten und bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert seien. Ausgenommen von dieser Versicherungspflicht seien Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII sowie Empfänger von Leistungen nach § 2 AsylbLG (§ 5 Abs. 8a SGB V). Gemäß § 5 Abs. 11 SGB V würden von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, dann erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz hätten und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bestehe. Bei Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG läge eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 AsylbLG dem Grunde nach bestehe. Die Klägerinnen bezögen seit dem 01.10.2014 Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Es seien jedoch keine Gründe ersichtlich, warum der Leistungsbezug erst zu diesem Datum begonnen habe, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass der Leistungsanspruch bereits seit der Geburt bestanden habe. Unabhängig hiervon h...

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