Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 08.08.1989; Aktenzeichen S 6 Vs 183/87)

 

Tenor

1. Das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 8.8.1989 wird aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 8.1.1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.9.1987 und des Teilanerkenntnisses vom 19.6.1989 wird geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, die weiteren Behinderungen „chronifiziertes, außergewöhnlich schweres psychosomatisches Schmerzsyndrom” und „chronischsubdepressive Verstimmung einer zwanghaft-depressiven Persönlichkeit” sowie einen GdB von 60 festzustellen.

2. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).

Bei dem 1942 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 8.1.1987 degenerative Wirbelsäulenveränderungen, ein Wirbelsäulensyndrom und eine Schultersteife beidseits als Behinderungen mit einem Gesamt-GdB von 40 fest. Dem zugrunde lagen ein Arztbericht des Dr. G. vom 13.11.1986, ein ärztlicher Entlassungsbericht des Kursanatoriums A. Bad F. vom 27.8.1986 sowie eine ärztliche gutachtliche Stellungnahme des Dr. A. vom 30.12.1986.

Im Widerspruchsverfahren gegen diesen Bescheid machte der Kläger geltend, laut Bescheinigung des Hausarztes Dr. G. vom 9.3.1987 bestehe ein Verdacht auf Bandscheibenprolaps L 4/5, der nicht als Behinderung berücksichtigt worden sei.

Der Beklagte holte daraufhin eine weitere ärztliche gutachtliche Stellungnahme, nunmehr abgegeben von Dr. K. am 21.4.1987, ein, in der es heißt, der computertomographische Befund, der einen Verdacht auf Bandscheibenprolaps nicht begründe, sei bei der Beurteilung der Behinderungen mitberücksichtigt worden. Im Übrigen rechtfertige allein eine Verdachtsdiagnose keine „zusätzliche Bewertung”.

Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens ging dem Beklagten eine ärztliche Bescheinigung des Dr. G. vom 16.6.1987 zu, worin es heißt, die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers hätten sich erheblich verschlimmert. Auf Nachfrage des Beklagten teilte Dr. G. in seinem Arztbericht vom 14.7.1987 mit, der Kläger leide unter einer Steife und stärksten Schmerzen, die 1 bis 2 × wöchentlich durch paravertebrale Injektionen sowie eine Schmerztherapie behandelt würden. Ferner legte er einen den röntgenologischen Befund der Wirbelsäule des Klägers beschreibenden Arztbericht des Radiologischen Instituts Dr. von E. vom 10.7.1987 bei.

In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 7.9.1987 äußerte Dr. H. die Auffassung, auch unter Berücksichtigung der weiteren ärztlichen Unterlagen sei der Gesamt-GdB mit 40 ausreichend bewertet.

Durch Bescheid vom 18.9.1987 wies der Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück.

Mit der Klage hat er sein Begehren weiterverfolgt. Er hat sich wiederum darauf berufen, sein Wirbelsäulenleiden, dessentwegen er gezwungen sei, ein Stützmieder zu tragen, sei, wie sich aus einer Bescheinigung des Dr. G. vom 1.12.1987 ergebe, nicht ausreichend in Ausmaß und Beschwerden gewürdigt worden.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten von dem Chirurgen Dr. B. eingeholt. Der Sachverständige hat am 18.1.1988 dargelegt, beim Kläger lägen ein Bandscheibenvorfall in Höhe L5/S 1 mit erheblicher rechtsseitiger Ischialgie und Muskelminderung des rechten Beines (Einzel-GdB 40), eine stärkere Versteifung beider Schultergelenke (Einzel-GdB 20), eine Einschränkung der Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule zu 1/3 (Einzel-GdB 20) sowie eine Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit (Einzel-GdB 10) vor. Den Gesamt-GdB hat er mit 50 bewertet.

Der Beklagte hat daraufhin eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. U. vom 22.2.1988 vorgelegt. Er teilt die Auffassung mit, die Behinderungen seien als „degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Bandscheibenvorfall L 5/S 1, Ischialgie, Muskelminderung rechtes Bein, Funktionseinschränkung der Schultergelenke” zu bezeichnen, jedoch mit einem GdB von 40 zutreffend bewertet.

Dieser Einschätzung ist Dr. G. am 8.3.1988 eingegengetreten: der GdB betrage 50.

In einer sein Gutachten ergänzenden Stellungnahme vom 27.6.1988 hat Dr. B. ausgeführt, beim Kläger bestehe eine erhebliche Beinumfangsdifferenz. Das rechte Bein sei nämlich durchgehend um 1,5 cm weniger stark als das linke. Die Schultergelenksbeweglichkeit beidseits sei um 1/3 bis 1/2 eingeschränkt. Außerdem bestehe ein massiver Kompressionseffekt infolge der Bandscheibeneinklemmung. Darüber hinaus sei die Hüftgelenksbeweglichkeit beidseits mittelgradig eingeschränkt. Hieraus ergebe sich, wie bereits dargelegt, ein Gesamt-GdB von 50.

Dr. U. hat daraufhin vorgeschlagen, als weitere Behinderung eine „Funktionseinschränkung der Hüftgelenke” festzustellen, es jedoch bei einem Gesamt-GdB von 40 zu belassen.

Das Sozialgericht hat alsdann ein Gutachten von dem Orthopäden Prof. Dr. P. Orthopädische Klinik und Poliklinik der Universität M., eingeholt. Dieser Sachverständige hat am 27.8.1988 dargelegt, die Wirbelsäule des Klägers sei im Lu...

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