Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ausschluß. Krankengeld-Spitzbetrag. freiwillig versicherter Unternehmer in der Unfallversicherung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Verneinung des Anspruchs auf den Krankengeld-Spitzbetrag für freiwillig oder satzungsgemäß in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Unternehmer bei einer durch Arbeitsunfall bedingten Arbeitsunfähigkeit verstößt nach dem 1.1.1997 nicht gegen höherrangiges Recht.
2. Das Ruhen des Krankengeldes ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, wenn es um die Vermeidung eines Doppelbezuges von Leistungen gleicher Zweckbestimmung geht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Berechnungsmodalitäten der Leistungen in allen Einzelheiten übereinstimmen und die Ansprüche in ihrer Höhe deckungsgleich sind. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, die jeweils höchste Leistung uneingeschränkt zu gewähren.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Krankengeld-Spitzbetrag.
Der 1946 geborene Kläger ist selbständig als Fuhrunternehmer erwerbstätig und bei der Beklagten freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung (gKV) in der Versicherungsklasse F11 4 00 versichert mit einem Anspruch auf kalendertägliches Krankengeld in Höhe von 143,50 DM ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit; der Beitragsbemessung liegt ein Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zugrunde. Bei der Beigeladenen ist er in der gesetzlichen Unfallversicherung (gUV) als Unternehmer mit einer Versicherungssumme in Höhe von 39.000,-- DM als Jahresarbeitsverdienst (JAV) pflichtversichert; von der Möglichkeit der freiwilligen Zusatzversicherung bis zu einem JAV in Höhe von 120.000,-- DM hat er keinen Gebrauch gemacht.
Wegen der Folgen eines am 16.1.1997 erlittenen Arbeitsunfalls war der Kläger jedenfalls bis zur Anspruchserschöpfung am 15.7.1998 arbeitsunfähig erkrankt. Er bezog zu Lasten der Beigeladenen Verletztengeld aus der gUV in Höhe von zunächst 86,67 DM, nach der zum 16.1.1998 erfolgten Dynamisierung in Höhe von 87,94 DM. Im Zeitraum vom 16.3. bis 5.4.1998 wurde aufgrund einer Belastungserprobung nur ein gemindertes Verletztengeld -- bis zum 29.3.1998 in Höhe von 43,34 DM, ab 30.3.1994 in Höhe von 21,67 DM -- gezahlt; für die Zeit vom 6.4. bis zum 13.4.1998 wurde wegen der vollschichtigen Tätigkeit des Klägers kein Verletztengeld ausgezahlt.
Den Antrag des Klägers, ihm für die Zeit vom 6.2.1997 bis zum 15.7.1998 den Differenzbetrag zwischen dem Verletztengeld und dem Krankengeld auszuzahlen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.6.1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 6.11.1998 ab. Zur Begründung verwies die Beklagte auf § 49 Abs 1 Nr 3 a Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach der Anspruch auf Krankengeld ruhe, solange der Versicherte Verletztengeld beziehe.
Die hiergegen am 2.12.1998 erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz (SG) mit Urteil vom 22.9.2000 abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Regelung des § 49 Abs 1 Nr 3 a SGB V sei eindeutig, das Fehlen des Wortes "soweit" beruhe nicht auf einem Versehen, sondern auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung. Hiergegen bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Gegen das am 19.10.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3.11.2000 Berufung eingelegt.
Er ist der Auffassung, die Formulierung des § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V idF ab 1.1.1997 habe die Versicherten mit Anspruch auf Verletztengeld aus der gUV für den Fall eines gleichzeitig bestehenden höheren Krankengeldanspruchs nicht benachteiligen sollen. In dem Wort "solange" sei zugleich die Bedeutung "soweit" enthalten. Habe der Gesetzgeber aber tatsächlich das Ziel verfolgt, den Krankengeld-Spitzbetrag für die Dauer der Verletztengeldzahlung auszuschließen, so sei die Vorschrift mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar. Unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes des Art 3 GG dürfe ein Krankenversicherter, der zusätzlich unfallversichert sei, insgesamt nicht weniger an Geldleistungen erhalten, als ein nur Krankenversicherter. Dies habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits zum seinerzeit geltenden § 183 Abs 6 Reichsversicherungsordnung (RVO) festgestellt. Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe nach Inkrafttreten des grundsätzlichen Leistungsausschlusses nach § 11 Abs 4 SGB V entschieden, dass das Krankengeld aus Anlass eines Arbeitsunfalls nur in Höhe des Verletztengeldes ruhe. Sein zu §§ 11 Abs 4, 49 Abs 1 Nr 3 SGB V idF bis zum 31.12.1996 ergangenes Urteil sei vom Grundgedanken her auch auf den zum 1.1.1997 in Kraft getretenen § 49 Abs 1 Nr 3 a SGB V anwendbar.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 22.9.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 15.6.1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 6.11.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 6.2.1997 bis zum 15.7.1998 den Differenzbetrag zwischen dem Verletztengeld und dem Krankengeld zu zahlen,
hilfsweise,
die Revision zuzu...