Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. Nachteilsausgleich. Merkzeichen G. schwere psychische Störung mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten. chronische Gastritis. Gesamt-GdB 80

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanerkennung eines Nachteilsausgleichs G bei einem schwerbehinderten Menschen, der an schweren psychischen Störungen in Verbindung mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten (GdB 80) und einer chronischen Gastritis (GdB 10) leidet, bei dem aber keine Störungen der Orientierungsfähigkeit im Ortsverkehr nachgewiesen werden können.

 

Normenkette

SGB IX § 69 Abs. 4, § 146 Abs. 1 S. 1, § 145

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Gerichtsbescheid vom 18.08.2000; Aktenzeichen S 7 Vs 849/98)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.02.2003; Aktenzeichen B 9 SB 5/02 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch -- Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" (erheblich gehbehindert).

Der 1968 geborene Kläger beantragte erstmals im April 1997 beim Versorgungsamt K die Feststellung seiner Behinderung und eines GdB. Das Versorgungsamt holte einen Befundbericht des praktischen Arztes Dr. F ein, der weitere Befundunterlagen vorlegte. Der Kläger reichte ergänzend eine Vielzahl von Unterlagen zu den Akten, welche die Abwicklung und Folgen eines von ihm am 10.09.1990 erlittenen Verkehrsunfalls betrafen, darunter ein auf Veranlassung des Amtsgerichts M erstelltes nervenärztliches Gutachten des Prof. Dr. N, Leiter der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik mit Konsiliardienst G. Dieser hatte im Gutachten vom 21.04.1997 beim Kläger als unfallneurotische Störung eine schwere neurotische Konfliktverarbeitung mit Konzentrationsstörungen, Merkfähigkeitsstörungen, Gedächtnisstörungen, chronischen Kopfschmerzen, Schwindel, Schwächegefühl in den Beinen, Schmerzen in den Knochen, Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und Albträumen diagnostiziert. Zusätzlich legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. F und ein auf Veranlassung der Vereinten Versicherungen erstelltes neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. K vor. Dieser hatte nach einer Untersuchung des Klägers im Januar 1997 eine schwergradige Leistungsbeeinträchtigung in den Bereichen der Merkfähigkeit, der Konzentrationsfähigkeit, der psycho-physischen Belastbarkeit, der visuellen Merkfähigkeit, eine hirnorganische Wesensänderung in Form massiver Irritierbarkeit, erhöhter Reiz- und Erregbarkeit sowie starker innerer Gespanntheit diagnostiziert. Im Vordergrund stehe beim Kläger eine sekundär neurotische Entwicklung im Sinne einer depressiven Stimmungsreaktion und verstärkter Selbstbeobachtung im körperlichen und gesundheitlichen Bereich sowie eine Bereitschaft zur Ausbildung psychovegetativer und psychosomatischer Symptome.

Nach versorgungsärztlicher Beteiligung stellte das Versorgungsamt K beim Kläger mit Bescheid vom 24.06.1997 einen GdB von 50 fest und bezeichnete die Behinderung als "psychosomatische Störung". Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, nach den vorliegenden Gerichtsgutachten sei er wegen seiner Erkrankung zu 100 % als erwerbsunfähig zu erachten, so dass der GdB höher zu bewerten sei. Außerdem liege eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor.

Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Arztes für Radiologie und Sozialmedizin Dr. B erhöhte der Beklagte den GdB mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.1998 auf 80, bezeichnete die Behinderung neu als "schwere neurotische Störung" und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund des Ausmaßes der Behinderung sei der GdB auf 80 zu erhöhen. Der Nachteilsausgleich "G" könne nicht zugebilligt werden, da durch die beim Kläger bestehende Behinderung die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt sei.

Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Beiziehung des Entlassungsberichts über eine Heilbehandlung des Klägers vom 02.02. bis 19.02.1999 im Krankenhaus Marienhof, K sowie durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K.

Der Sachverständige hat den Kläger im Januar 2000 untersucht und in seinem Gutachten zusammenfassend ausgeführt, bei dem Kläger beständen eine schwere neurotische Störung (GdB 80) sowie wiederkehrende Magenschleimhautentzündungen (GdB 10). Der Gesamt-GdB betrage weiter 80. Die Teil-Behinderungen wirkten sich nicht auf die Gehfähigkeit des Klägers aus. Der Kläger sei durchaus in der Lage, ortsübliche Entfernungen in angemessener Zeit zu Fuß zurückzulegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 18.08.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe zutreffend einen GdB von 80 festgestellt. Dem Kläger stehe kein Anspruch...

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