Leitsatz (amtlich)
Erhält der Teilnehmer einer beruflichen Bildungsmaßnahme während des Bezugs von Unterhaltsgeld neben einer festen regelmäßigen Ausbildungsvergütung unregelmäßig Sonderzahlungen für zusätzliche Tätigkeiten im Ausbildungsbetrieb, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld, ist die gleichbleibende Ausbildungsvergütung nach AFG § 44 Abs. 4 in der Weise zu berücksichtigen, daß für den gesamten Bewilligungszeitraum eine um den anzurechnenden Teil der Ausbildungsvergütung gekürzte Leistung bewilligt wird. Die neben der laufenden Ausbildungsvergütung gewährten Sonderzahlungen sind dagegen nur in der jeweiligen Zahlwoche bis zur Höhe des nach Anrechnung der laufenden Vergütung verbleibenden Wochensatzes anzurechnen.
Normenkette
AFG § 44 Abs. 4 Fassung: 1975-12-18; AFuU § 11 Abs. 7 Fassung: 1975-02-27
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 03.04.1979; Aktenzeichen S 1 Ar 22/79) |
Tenor
1. Es wird festgestellt, daß die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 3. April 1979 in der Hauptsache erledigt ist.
2. Auf die weitere Klage wird der Bescheid des Arbeitsamts Neustadt an der Weinstraße vom 15. August 1979 bezüglich der Rückforderung aufgehoben und bezüglich der Aufhebung der Bewilligung geändert, soweit damit die Bewilligung von Uhg in der Zeit vom 1. September 1976 bis 31. August 1978 in Höhe von mehr als 918,20 DM aufgehoben worden ist.
3. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 3. April 1979 hat die Beklagte sich dagegen gewandt, daß das Sozialgericht nur die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Unterhaltsgeld (Uhg) für den Kläger in der Zeit vom 1. September 1976 bis 31. August 1977 durch Bescheid des Arbeitsamts Neustadt an der Weinstraße vom 26. Oktober 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 1978 bestätigt, die mit den genannten Bescheiden geltend gemachte Rückforderung von 3.214,81 DM jedoch aufgehoben hat. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat das Arbeitsamt die genannten Bescheide zunächst zweimal abgeändert (Bescheide vom 11. Juni und 6. Juli 1979) und schließlich mit Bescheid vom 15. August 1979 unter Aufhebung aller vorgenannten Bescheide die Aufhebung der Bewilligung von Uhg für die streitige Zeit und die Rückforderung auf 1.543,69 DM begrenzt. Streitig ist nur noch die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids.
Der 1938 geborene Kläger ist gelernter Bäcker. Diesen Beruf übte er nur bis Mai 1969 aus. Nach einer kurzen Tätigkeit als Kraftfahrzeugmonteur wurde er aus gesundheitlichen Gründen von Oktober 1970 bis September 1972 zum Versicherungskaufmann umgeschult. Für diese Maßnahme, bei der er keinen anerkannten Berufsabschluß erreichte, erhielt er Förderungsleistungen von der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz und von der Beklagten. Anschließend war er bis 31. August 1974 Außendienstmitarbeiter bei einer Versicherung (Versicherungsinspektor).
Für seine wegen mangelnder beruflicher Sicherung als notwendig angesehene, erneute Umschulung zum Krankenpfleger im Kreiskrankenhaus G. in der Zeit vom 1. September 1974 bis 31. August 1977 gewährte ihm das Arbeitsamt Neustadt an der Weinstraße neben sonstigen Leistungen nach § 45 des Arbeitsförderungsgesetzses (AFG) auch Uhg. Dieses wurde mit Bescheid vom 16. September 1976 für die Zeit ab 1. September 1976 bei einem Bemessungsentgelt von 400,– DM auf 142,90 DM wöchentlich festgesetzt. Dabei hatte das Arbeitsamt die Ausbildungsvergütung des Klägers von monatlich 600,16 DM netto einschließlich 13,– DM vermögenswirksamer Leistungen bereits mit wöchentlich 123,50 DM angerechnet. Insgesamt erhielt der Kläger für die Zeit vom 1. September 1976 bis 31. August 1977 an Uhg 7.419,65 DM.
Den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15. August 1979 stützt die Beklagte darauf, daß der Kläger in der streitigen Zeit neben der bereits angerechneten Ausbildungsvergütung für sogenannte Sitzwachen besonderes Entgelt in unterschiedlicher Höhe, im November 1976 auch Weihnachtsgeld und im Juni 1977 Urlaubsgeld bezogen habe, das gemäß § 44 Abs. 4 AFG ebenfalls auf das Uhg angerechnet werden müsse. Ohne Anrechnung hätte das Uhg für 313 Tage je 44,40 DM insgesamt also 13.897,20 DM betragen. Darauf seien die Ausbildungsvergütung ohne die vermögenswirksamen Leistungen, Sitzwachenvergütungen, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Freibetrags von 15,– DM mit insgesamt 8.021,24 DM anzurechnen. Über den hiernach zustehenden Betrag von 5.875,96 DM hinaus habe der Kläger also 1.543,69 DM zu Unrecht erhalten. Diesen Betrag müsse er zurückzahlen, weil er es trotz mehrfacher Aufforderung grob fahrlässig unterlassen habe, den Mehrverdienst anzuzeigen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe der Kläger nicht ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen dürfen, er brauche nur Änderungen in der Höhe der regelmäßigen Ausbildungsvergütung anzuze...