Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 04.05.1979; Aktenzeichen S 9 Ar 272/77) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. Mai 1979 wird bezüglich der Aufhebung der Bewilligung von Unterhaltsgeld als unzulässig verworfen und wegen dessen Rückforderung als unbegründet zurückgewiesen.
2. Zur Klarstellung wird festgestellt, daß die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Fahrkosten in Höhe von 124,– DM und ein von der Beklagten geltend gemachter zivilrechtlicher Ersatzanspruch auf Erstattung von Krankenversicherungsbeitragen in Höhe von 470,34 DM nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren und daß der Rechtsstreit wegen Aufhebung der Bewilligung von Teilnehmergebühren und Lernmittelkosten in Höhe von insgesamt 398,12 DM erledigt ist.
3. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der nicht zugelassenen Berufung streiten die Beteiligten nur noch darum, ob der Kläger das während einer Fortbildungsmaßnahme für 12 Fehltage zwischen dem 1. Januar und 5. Februar 1975 und für die Zeit von 7. Februar bis 27. März 1975 empfangene Unterhaltsgeld (Uhg) in Höhe von insgesamt 2.602,80 DM zurückzahlen muß.
Der 1950 geborene Kläger besuchte ab 1. Oktober 1974 das Saartechnikum in N. des Ziel, sich zum Maschinenbautechniker fortzubilden. Er bezog von Arbeitsamt Neunkirchen bis 27. März 1975 Uhg und Leistungen nach § 45 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Mit Schreiben vom 14. März 1975 teilte das Saartechnikum mit, daß der Kläger zum 1. April 1975 nicht versetzt werden könne, da er an der Vorprüfung in den Fächern Deutsch/Schriftverkehr, Physik, Chemie und Werkstoffkunde nicht teilgenommen habe. Das Arbeitsamt stellte fest, daß der Kläger im Januar 1975 an 9, im Februar 1975 an 23 und im März 1975 an 14 Tagen nicht am Unterricht teilgenommen hatte. Auf Antrage erklärte der Kläger, er sei arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Das habe er dem Arbeitsamt auch telefonisch mitgeteilt, wisse aber nicht mehr, mit wem er gesprochen habe.
Mit Bescheid vom 25. März 1976 hob das Arbeitsamt daraufhin die Bewilligung von Uhg und Leistungen nach § 45 AFG für 13 Fehltage bis 5. Februar 1975 sowie ab 7. Februar 1975 ganz auf, da bei Nichtteilnahme am Unterricht sowie über den Zeitpunkt des Abbruchs der Maßnahme hinaus kein Leistungsanspruch bestanden habe. Außerdem sei der Kläger seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige der Unterbrechung und des Abbruchs des Unterrichtsbesuchs nicht nachgekommen. Gleichzeitig forderte das Arbeitsamt 2.646,10 DM Uhg, 448,80 DM Teilnehmergebühren, 49,32 DM Lernmittelkosten und 124,– DM Fahrkosten, insgesamt 3.268,22 DM zurück. Außerdem machte es in dem genannten Bescheid auch eine Schadensersatzforderung nach § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Höhe von 470,34 DM für zu Unrecht gezahlte Krankenversicherungsbeiträge geltend.
Auf Veranlassung des Arbeitsamts wurde von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken – 11 JS 714/76 – auch ein Betrugsverfahren gegen den Kläger eingeleitet, das inzwischen durch Beschluß des Amtsgerichts Neunkirchen vom 10. April 1978 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren ausgesetzt ist.
Im Widerspruchsverfahren begründete der Kläger den Unterrichtsabbruch alt den „miserablen” Aussichten auf dem Arbeitsmarkt sowie mit seiner längeren Krankheit, die er telefonisch mitgeteilt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 1977 wies das Arbeitsamt den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei Krankheit habe dem Kläger anstelle von Uhg nur Krankengeld zugestanden. Wenn er dieses nicht geltend gemacht habe, sei das seine Sache. Der Kläger habe die Fehltage und den Abbruch der Maßnahme vorsätzlich nicht angezeigt. Die Einlassung, er habe beim Arbeitsamt angerufen, sei eine reine Schutzbehauptung. Vom Widerspruchsverfahren unberührt bleibe die Forderung wegen der zu Unrecht gezahlten Krankenversicherungsbeiträge.
Mit der verspätet am 20. Oktober 1977 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, die ihm in der mündlichen Verhandlung vom 30. März 1979 durch Beschluß des Sozialgerichts gewährt worden ist. Die Fehltage hat der Kläger mit starken Zahnschmerzen im Januar 1975 und der Erkrankung an einer Steißbeinfistel für die Zeit vom 1. Februar bis 17. März 1979 begründet. Entsprechende Atteste seien zum Teil im Sekretariat des Saartechnikums abhanden gekommen, zum Teil der DAK und dem Arbeitsamt vorgelegt worden. Ab 17. März 1975 habe das Saartechnikum Ferien gehabt. Während der Ferien habe der Leistungsanspruch ohnehin weiterbestanden. Die Rückforderung der Fahrkosten hat der Kläger in der Klageschrift ausdrücklich anerkannt.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Antrage bei Dr. B. und Dr. C. sowie bei der DAK K. und durch Vernehmung der Zeugen W., Gr. und G. Die beiden Ärzte haben die vom Kläger angegebenen Behandlungen für den fraglichen Zeitraum wegen einer schweren Zahnerkrankung bzw. einer Steißbeinfistel bes...