Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. fremdwirtschaftliches Interesse. eigenwirtschaftliches Interesse. Grippeschutzimpfung. Impfangebot des Arbeitgebers. keine Vertragspflicht. Gastronomieleiter
Orientierungssatz
Die Teilnahme eines Beschäftigten an einer vom Arbeitgeber angebotenen freiwilligen Grippeschutzimpfung steht nicht in einem rechtlich wesentlichen sachlichen Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit (hier: als Gastronomieleiter).
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 22.07.2020 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei einer Impfung um einen Arbeitsunfall handelt.
Der am XXX geborene Kläger ist gelernter Koch mit abgeschlossener Meisterprüfung. Seit dem Jahr 2018 bezieht er eine gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung.
Beruflich war der Kläger bei der M.P.M.-, B. - und S. GmbH, einem Tochterunternehmen der M.-G., Dienstleister für Unternehmen aus der Gesundheitsbranche und Rechtsvorgänger der heutigen M.S. GmbH, als Gastronomieleiter tätig. Die GmbH betrieb die Küche des M. in C.
Mit Schreiben vom 23.09.2009 bat die Verwaltung des M.C. die Abteilungsleiter des Hauses und aller mit ihm verbundenen Unternehmen, darunter der M. GmbH, Mitarbeiter zu melden, die beabsichtigten, an einer Schutzimpfung gegen Influenza A (H1N1 - Schweinegrippe) teilzunehmen. Der Impfstoff werde vom Gesundheitsamt kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Teilnahme sei freiwillig. Grundsätzlich stehe es jedem Mitarbeiter frei, sich auch vom Hausarzt impfen zu lassen. Impfberechtigt seien alle Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Patientenkontakt hätten. Das Schreiben wurde von dem Direktionsassistenten L. unterzeichnet. Im Briefkopf ist unter dem Logo „M.C.“ als Ansprechpartner Herr H. angegeben.
Der Kläger nahm an der Impfung teil. Sie fand am 09.11.2009 statt.
Die Internistin Dr. P. gab in einem Arztbrief vom 07.02.2017 an, der Kläger leide seit März 2014 unter unklaren Fieberschüben mit Arthralgien und Exanthemen. Sie diagnostizierte eine seronegative rheumatoide Arthritis, DD andere Fiebererkrankungen mit Arthralgien.
Vom 09.01.2017 bis zum 06.02.2017 wurde der Kläger im Rahmen einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation zu Lasten der DRV in der K.-A. Klinik B.K. stationär behandelt. Im Entlassungsbericht wurden ein noch unklares autoinflammatorisches Syndrom, ein Fibromyalgie-Syndrom, psychologische Faktoren bei autoinflammatorischem Prozess, ein Diabetes mellitus und eine arterielle Hypertonie diagnostiziert. Zur Anamnese heißt es in dem Bericht, der erste Krankheitsschub sei im Juni 2013 aufgetreten.
Mit Schreiben vom 22.03.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung, ob ein „BG-Fall“ vorliegt.
Anlässlich einer telefonischen Kontaktaufnahme durch eine Mitarbeiterin der Beklagten am 30.03.2017 gab der Kläger an, es seien alle Mitarbeiter, die Patientenkontakt gehabt hätten, aufgefordert worden, sich impfen zu lassen. Die Abteilungsleiter habe man mündlich aufgefordert, sich impfen zu lassen, um als Vorbild zu dienen. Er selbst gehe täglich einmal für ein bis zwei Stunden auf die Stationen, um das Essen zu kontrollieren. Außerdem sei er als Ernährungsberater tätig und suche dabei Patienten auf.
Mit Bescheid vom 02.05.2017 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen mit der Begründung ab, ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Eine allgemeine Grippeschutzimpfung stehe selbst dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie vom Arbeitgeber empfohlen und finanziert werde. Gleiches gelte für eine Schweinegrippe-Impfung, soweit sie nicht vom Arbeitgeber gefordert werde bzw. wenn man nicht einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sei. In dem Schreiben vom 23.09.2009 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Teilnahme an der Impfung freiwillig sei. Die Impfung sei weder angeordnet noch empfohlen worden. Vielmehr habe es sich lediglich um eine Information über die Möglichkeit der Impfung gehandelt. Dass die Abteilungsleiter aufgefordert worden seien, sich impfen zu lassen, sei nicht belegt. Außerdem lasse sich auch hieraus eine Pflicht zur Impfung nicht ableiten. Zudem sei eine erhöhte Gefährdung des Klägers durch die versicherte Tätigkeit nicht zu erkennen. Ein direkter Patientenkontakt im Sinne einer Arbeit am Patienten selbst liege nicht vor. Für die Ausübung der versicherten Tätigkeit habe der Kläger die Impfung nicht benötigt.
Im Widerspruchsverfahren brachte der Kläger vor, er habe auch als Gastronomieleiter erkrankte Mitarbeiter vor Ort auf den Stationen bei der Essensausgabe sowie bei Ernährungsberatungen und Patientengesprächen vertreten müssen. Er sei verantwortlich für die Belieferung des M., in dem auch hochi...