Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütung von Zeiten maschineller Beatmung. Mitzählen von Spontanatmungsstunden in der Periode der Entwöhnung. Entlassung des Versicherten. weiterhin künstliche Beatmung mit Heimbeatmungsgerät
Orientierungssatz
1. Aus dem Wortlaut und dem Regelungssystem der Nr 1001l DKR 2015 ergibt sich, dass Spontanatmungsstunden nur dann als Beatmungsstunden mitzuzählen sind, wenn der Wechsel von Beatmung und Spontanatmung in einer Phase der Entwöhnung erfolgt (vgl BSG vom 19.12.2017 - B 1 KR 18/17 R = SozR 4-5562 § 9 Nr 8 RdNr 16). Denn eine Entwöhnung setzt eine zuvor erfolgte Gewöhnung an die maschinelle Beatmung voraus.
2. Hat der Versicherte die erforderliche Dauer von mindestens 24 Stunden vollständiger spontaner Atmung ohne maschinelle Unterstützung iSd Nr 1001l DKR 2015 nicht erreicht, sondern wurde auf ein Heimbeatmungsgerät eingestellt und musste nach Entlassung weiterhin beatmet werden, so sind die Voraussetzungen der DRG A13G nicht erfüllt.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10.10.2017 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen weiteren Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung in Höhe von 4.028,33 € hat.
Die Klägerin ist Trägerin des nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen B-krankenhauses S P, in dem der bei der Beklagten versicherte F S (geboren 1975) in der Zeit vom 07.01.2015 bis 14.01.2015 stationär behandelt wurde. Er wurde notfallmäßig wegen zunehmender Dyspnoe aufgenommen. Am 09.01.2015 wurde eine nicht invasive Beatmung (NIV-Beatmung) eingeleitet. Am 13.01.2015 wurde dem Versicherten ein Heimbeatmungsgerät verordnet. Die intermittierende Beatmung wurde nach Entlassung fortgeführt. Die reine Beatmungszeit während des stationären Aufenthalts betrug 75 Stunden und 20 Minuten. Die Klägerin forderte mit Rechnung vom 26.02.2015 für die stationäre Behandlung einen Betrag von 12.074,11 € und legte dabei die Diagnosis Related Groups (DRG) A13G (Beatmung ≫ 95 Stunden, mit bestimmter OR-Prozedur oder kompliz. Konstellation, mit äußerst schweren CC, verstorben oder verlegt ≪ 9 Tage oder ohne BST.OR-Prozedur, ohne kompliz. Konstellation, Alter ≫ 15 Jahre, ohne kompliz. Diagnose oder Prozedur, mit äußerst schwerer CC) zugrunde. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst und holte sodann ein Gutachten bei Dr. D , Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 14.07.2015 ein, der ausführte, die Beatmungszeit habe (aufgerundet) 76 Stunden betragen. Hieraus ergebe sich die DRG E40C (Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane mit Beatmung ≫ 24 Stunden, mehr als zwei Belegungstage, mit komplexer Prozedur, ohne äußerst schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie). Mit Schreiben vom 16.07.2015 forderte die Beklagte von der Klägerin einen Erstattungsbetrag von 4.111,80 €. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben des Dr. H., Medizinisches Controlling, vom 29.07.2015 und machte geltend, nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) sei die Dauer der Entwöhnung insgesamt (inklusive beatmungsfreier Intervalle während der Entwöhnung) bei der Beatmungsdauer eines Patienten hinzuzuzählen. Im vorliegenden Fall sei schon nach der ersten Beatmungsphase am 09.01.2015 gerade durch die engen Zeitintervalle zwischen den Beatmungsphasen und den (nur kurz möglichen) Beatmungspausen sowie den engmaschigen Blutgasanalysen der folgenden Tage mit Option auf Modifikation der Respiratoreinstellungen ein Weaning des Versicherten klassisch abgebildet. Hieraus resultierten die berechneten 115 Beatmungsstunden. In ihrer Stellungnahme vom 02.09.2015 führte Dr. H., MDK, aus, der Versicherte sei vor dem Krankenhausaufenthalt nicht auf ein Beatmungsgerät eingestellt gewesen. Die Einstellung sei im Verlauf der Behandlung aufgrund der respiratorischen Insuffizienz bei Aufnahme erfolgt. Die intermittierende Beatmung sei nach Entlassung fortgeführt worden. Der Versicherte sei auf ein Heimbeatmungsgerät eingestellt worden. Daher sei kein Weaning zu berücksichtigen. Dr. H. vertrat in seinem Schreiben vom 01.10.2015 die Auffassung, dass die Intention gewesen sei, die respiratorische Insuffizienz zu beheben und den Versicherten nach erfolgreichem Weaning ohne maschinelle Assistenz einer suffizienten Spontanatmung zu überlassen. Wenn sich letztendlich spät im Verlauf wegen frustranen Weanings herausstelle, dass eine nachfolgende Heimbeatmung organisiert werden müsse, ändere dies nichts an dem zuvor stattgefundenen Weaning-Charakter der Beatmung. Am 06.10.2015 verrechnete die Beklagte den Betrag von 4.028,33 € mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin für die Behandlung eines anderen Versicherten.
Am 29.10.2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Das Sozialgericht Koblenz hat ein Gutac...