Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 04.06.1980; Aktenzeichen S 2 Ka 10/80)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.12.1982; Aktenzeichen 6 RKa 24/81)

 

Tenor

1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 4. Juni 1980 wird zurückgewiesen.

2) Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtliche, Kosten des zweiten Rechtszugs zu erstatten.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit der Berufung streiten die Beteiligten weiterhin um den teilweisen Widerruf der Beteiligung des Klägers an der kassenärztlichen Versorgung auf dem Gebiet der inneren Medizin.

Der 1920 geborene Kläger war nach dem medizinischen Staatsexamen praktisch ohne Unterbrechungen in größeren Kliniken tätigt Bis Oktober 1947 als Pflichtassistent und Assistent in der Universitätskinderklinik L. danach bis Mitte Juni 1962 als Assistent bzw. als Oberarzt im E.-Stift in D.. Seine Anerkennung als Facharzt für innere Medizin erhielt er im Juni 1957. Seit Mitte Juli 1962 ist er Chefarzt der Medizinischen Abteilung des E. … krankenhauses in S.. Als solcher wurde er durch Beschlüsse des Zulassungsausschusses und der Beteiligungskommission vom 25. Juli 1962 ohne besondere Einschränkungen an der kassenärztlichen und Vertrags ärztlichen Versorgung beteiligt.

Mit, Bescheid vom 11. Juli 1979 widerrief der Zulassungsausschuß jedoch die Beteiligung des Klägers mit Ausnahme folgender Leistungen:

Gastroenteroskopische Leistungen und Herzschrittmacherkontrollen, Überweisungen durch niedergelassene Internisten, medizinische Betreuung der Diakonissinnen des Diakonissen-Mutterhauses, Überweisungen der beteiligten Chefärzte des …krankenhauses S. im Rahmen der Beteiligung dieser Ärzte.

Zur Begründung heißt es darin, die Voraussetzungen, die zur Beteiligung des Klägers geführt hätten, lägen nicht mehr vor, da inzwischen in S. insgesamt sieben Internisten niedergelassen seien, deren Existentz bei weiterer Beteiligung des Klägers gefährdet werde. Die kassenärztliche Versorgung der Versicherten sei durch die niedergelassenen Internisten vollauf gesichert, da diese mit Ausnahme der Leistungen, für die der Kläger weiterhin beteiligt bleibe, alle internistischen Leistungen in ihrer Praxis ausführen könnten. Es sei auch nicht ersichtlich, daß der Kläger über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf seinem Fachgebiet verfüge, die seine weitergehende Beteiligung erforderlich machten.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, nach 17 1/2-jähriger unangefochtener Beteiligung stehe ihm für die letzten 5 Jahre seiner Tätigkeit als Chefarzt ein erhöhter Bestandschutz zu. Dies gelte um so mehr, als die in freier Praxis niedergelassenen Fachkollegen sich eindeutig nicht für die Notwendigkeit eines Entzugs seiner Überweisungspraxis zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen hätten. Entgegen der Auffassung des angefochtenen Bescheids verfüge er auf dem Gebiet der Gastroenterologie über besondere Erfahrungen. Hierzu verweise er auf seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen und seine Vortragstätigkeit im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen. Die Nutzbarmachung dieser Erfahrungen dürfe nicht auf Überweisungsfälle von Internisten beschränkt werden. Die Beschränkung auf gastroenteroskopische Leistungen schließe eine differenzierte Diagnostik überhaupt aus. Hinzu komme, daß auch bei der Ultraschall-Diagnostik und internistischen Röntgentätigkeit in S. bestehende Engpässe nur durch seine Beteiligung zu beheben seien. Außerdem müsse seine Beteiligung in jedem Fall auch auf Langzeit-EKG's erstreckt bleiben, weil diese sonst in S. überhaupt nicht mehr möglich seien.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 7. November 1979 zurück. Wegen Überbesetzung des Planungsbezirks Speyer mit Internisten bestehe für die bisherige volle Beteiligung kein Bedürfnis mehr (§ 368 a Abs. 8 der Reichsversicherungsordnung –RVO–). Die ihm für die Überweisungsfälle durch niedergelassene Internisten verbleibende Beteiligung decke alle in seiner Widerspruchsbegründung hervorgehobenen Leistungsbereiche ab. Die gegen eine solche Klausel nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts möglichen Bedenken könnten dahingestellt bleiben, weil der Kläger sie nicht angreife und von einer möglichen Verböserung im Widerspruchsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen abgesehen werden könne. Im übrigen bestehe auch bezüglich der internistischen Röntgenleistungen bereits eine Überbesetzung. Einen erhöhten Bestandsschutz könne der Kläger nicht fordern. Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) gelte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur für die Zulassung der in freier Praxis niedergelassenen Ärzte, nicht aber für die wegen der besonderen Bedürfnisklausel nur widerruflich erfolgende Beteiligung eines Chefarzt es. Der Widerruf stehe zwar im RVO-Bereich nach § 29 Abs. 5 ZOÄ im pflichtgemäßen Ermessen der Zulassungsgremien. Die Tatsache, daß der Kläger schon seit mehreren Jahren von der Beteiligung Gebrauch gemacht habe, rechtfertige es aber nicht, für die letzten fünf Jahre bis zu seinem Au...

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