Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 14.12.1976; Aktenzeichen S 4 Ar 246/75)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 14. Dezember 1976 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit der Berufung begehrt der Kläger weiterhin Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 8. November 1974.

Der 1921 geborene Kläger leidet an angeborenem Schwachsinn mittleren Grades (Imbezillität). Gleichwohl konnte er seit 1944 überwiegend einer Versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen. Von 1946 bis 1973 arbeitete er mit Unterbrechungen durch saisonbedingte Arbeitslosigkeit ständig in dem Bimssteinwerk C. R. Er führte dort zuletzt bis 2. November 1973 einfache Arbeiten, wie das Wegnehmen und Sammeln von Unterlagsbrettern und Hofreinigungsarbeiten jeweils unter Aufsicht eines älteren Steinumsetzers aus.

Vom 3. November 1973 bis 1. Februar 1974 bezog der Kläger Arbeitslosengeld (Alg) und ab 2. Februar 1974 zunächst auch Anschluß-Alhi. Als er zu Saisonbeginn nicht mehr wie bisher bei der Firma R. eingestellt wurde, veranlaßte das Arbeitsamt Koblenz – Dienststelle Weißenthurm – Anfang Mai 1974 eine ärztliche Überprüfung seiner Verfügbarkeit. Die Arbeitsamtsärztin Dr. C. kam am 13. Mai 1974 zu dem Ergebnis, aus ärztlicher Sicht sei dem Kläger eine geistig nicht anspruchsvolle Tätigkeit ohne Verantwortung unter Aufsicht zumutbar. Er sei körperlich normal belastbar. Wegen Neigung zu nervöser Blutdruckerhöhung sollte er aber nur ebenerdig arbeiten.

Demgegenüber vertrat der Diplom-Psychologe Dr. H. in einem Gutachten vom 6. November 1974 die Auffassung, der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittlungsfähig. Er entspreche nicht mehr den heutigen Anforderungen und Erwartungen an mögliche Arbeitnehmer. Es sei allenfalls die Frage einer therapeutischen Beschäftigung zu prüfen. Dieser Auffassung schloß sich die Arbeitsamtsärztin am 18. November 1974 zunächst an. Deshalb lehnte das Arbeitsamt Koblenz mit Bescheid vom 2. Dezember 1974 die Gewährung von Alhi ab 8. November 1974 ab.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, sein Zustand sei gegenüber den früheren Jahren unverändert. Daß er zur Zeit nicht vermittelt werden könne, liege in erster Linie an der schlechten Wirtschaftslage. Es sei aber durchaus denkbar, daß das neue Schwerbehinderten-Gesetz eine Vermittlung ermögliche.

Um die Leistungsfähigkeit des Klägers beurteilen zu können, hielt Frau Dr. G. eine erneute amtsärztliche Untersuchung für erforderlich. Diese unterblieb jedoch, weil der Kläger zu den festgesetzten Untersuchungstermin am 17. April 1975 nicht erschien und das Arbeitsamt daraufhin das Widerspruchsverfahren zunächst als erledigt ansah.

Bereits am 18. November 1974 hatte der Kläger außerdem Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beantragt. In dem am 10. Mai 1975 für die Beigeladene erstatteten nervenfachärztlichen Gutachten stellte Dr. M. zusammenfassend fest, abgesehen von der angeborenen Imbezillität ergäben sich beim Kläger keine Befunde von Krankheitswert. Aufgrund seiner gutmütigen und leicht lenkbaren Wesensart habe er bis 1973 als Hilfsarbeiter tätig sein können. Unter optimalen Bedingungen sei er wohl auch künftig in der Lage, einfache Arbeiten nach Anweisung, möglichst in einer Kolonne, zu verrichten. Bei der derzeitigen Arbeitsmarkt Situation sei eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung allerdings wenig wahrscheinlich. Den Bescheid vom 23. Mai 1975, mit dem die Beigeladene daraufhin die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ablehnte, ließ der Kläger unangefochten.

Der Widerspruch des Klägers gegen die Versagung der Alhi ab 8. November 1974 wurde schließlich ohne erneute Begutachtung mit Bescheid vom 27. November 1975 zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid habe das Arbeitsamt zu Recht die Bewilligung der Alhi gemäß § 151 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ab 8. November 1974 aufgehoben. In Übereinstimmung mit dem psychologischen Gutachten (vom 6. November 1974) könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger auch nur einfachste Arbeiten selbständig verrichten könne. Arbeitsplätze, die der Kläger mit seiner geminderten psychischen und intellektuellen Leistungsfähigkeit noch ausfüllen könne, seien auf dem für ihn erreichbaren Arbeitsmarkt unabhängig von der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage nicht vorhanden. Bei der Firma R. sei er überwiegend aus sozialen Gründen und unter Aufsicht beschäftigt worden. Entsprechende Arbeitsbedingungen seien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht Üblich. Die Arbeitsstelle habe zudem in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung gelegen. Eine erneute amtsärztliche Untersuchung sei nicht erforderlich, weil nach dem festgestellten Krankheitsbild zwischenzeitlich keine Besserung eingetreten sein könne und auch künftig nicht zu erwarten sei.

Mit der Klage hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Darüberhinaus hat er geltend gemacht, er sei in der Lage schwere körperliche Arbei...

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