Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 13.08.1975; Aktenzeichen S 4 Ar 11/75)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 13. August 1975 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Mit der Berufung wendet sich der Kläger weiterhin gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (AlHi) ab 16. November 1974.

Der 1915 geborene Kläger übte nach mehrjähriger Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter vorübergehend keine Erwerbstätigkeit aus, weil es sich ausschließlich mit der Errichtung eines Eigenheimes befaßte. Von 1971 bis 1974 war er aber wieder bei zwei Versicherungen, einem Wirtschaftsbüro, der Stadtkasse B. K. und einer Auskunftei jeweils kurzfristig Versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 23. Mai 1974 ist er ohne Arbeit. Nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) bezog er ab 5. Juli 1974 mit Unterbrechung durch Krankheit vom 29. Juli bis 29. August 1974 Anschluß-AlHi. Im November 1974 lehnte der Kläger ein Arbeitsangebot als Nachtportier bzw. Wachmann ab. In dem daraufhin am 15. November 1974 für das Arbeitsamt erstatteten Gutachten kam Obermedizinalrat Dr. F. zu dem Ergebnis, der Kläger leide an einem schweren Diabetes mellitus, der bereits zu Netzhautveränderungen geführt habe. Daneben fänden sich stärkere sklerotische Gefäßveränderungen mit Blutdruckerhöhung und Einengung der Herzleistungabreite sowie ein beginnendes Lungenemphysem. Er sei noch in der Lage, viereinhalb bis fünf Stunden täglich zu arbeiten. Dabei müsse er seine Diätmahlzeiten regelmäßig einnehmen können, Herz und Kreislauf dürften nicht laufend stark belastet werden. Die angebotene Nachtarbeit sei aus ärztlicher Sicht nicht zumutbar. Gestützt auf dieses Gutachten hob das Arbeitsamt Bad Kreuznach die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe mit Bescheid vom 29. November 1974 auf, schlug aber die Rückforderung der für den 16. November 1974 bereits geleisteten Zahlungen nieder.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, seine geminderte Leistungsfähigkeit sei beim Arbeitsamt seit Jahren aktenkundig.

Trotzdem habe er die ihm vom Arbeitsamt vermittelten Arbeiten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausgeführt. Abgesehen davon stehe er auch mit einer zumutbaren Arbeitszeit von 25 Stunden wöchentlich der Arbeitsvermittlung als Schwerbehinderter zur Verfügung. Wenn entsprechende Arbeitsplätze nicht in nennenswertem Umfang vorhanden seien, stunden ihm Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu, für die er jahrelang gezahlt habe. Nach § 103 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gelte ein Arbeitsloser bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des zuständigen Rentenversicherungsträgers nicht als berufsunfähig und stehe deshalb der Arbeitsvermittlung trotz geminderter Leistungsfähigkeit zur Verfügung.

Die Widerspruchsstelle des Arbeitsamts Bad Kreuznach wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 13. Februar 1975 zurück. Die AlHi sei im Gegensatz zum Alg keine Leistung der Arbeitslosenversicherung. Die Bestimmungen über das Alg seien nach § 134 AFG lediglich entsprechend anwendbar, soweit die Besonderheiten der AlHi nicht entgegenstünden. § 134 Abs. 2 Satz 2 AFG schließe den Anspruch auf AlHi für Arbeitslose aus, die nur mit Einschränkungen hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit imstande seien, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts auszuüben. In diesem Fall gehöre auch die Arbeitszelt zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts. Auf dem für den Kläger erreichbaren Arbeitsmarkt seien aber Teilzeitarbeitsplätze für Männer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 25 Stunden nur in Ausnahmefällen vorhanden und deshalb nicht Üblich.

Mit der bereits vor Erlaß des Widerspruchsbescheids erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, der angefochtene Bescheid widerspreche dem AFG und dem Schwerbehindertengesetz. Obwohl allgemein bekannt sei, daß Zuckerkranke keine Nachtarbeit verrichten dürften, habe der zuständige Hauptvermittler des Arbeitsamts ihn unbedingt zum Nachtwächter machen wollen. Die offenbar von diesem aus Rachsucht und übersteigertem Geltungsdrang abgegebene Stellungnahme zur Zahl der Teilzeitarbeitsplätze könne er daher nicht anerkennen, zumal Schwerbehinderte ein Sonderrecht auf Beschäftigung hätten.

Das Sozialgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 13. August 1975 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es im wesentlichen, da es lediglich um die Gewährung von AlHi gehe, sei gemäß § 134 AFG, anders als beim Streit tun Alg, eine bindende Entscheidung des Versicherungsträgers zur Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers nicht erforderlich. Entscheidend sei allein, daß der Kläger der Arbeitsvermittlung nicht für die bei Männern übliche Beschäftigungsdauer von 8 Stunden in der Fünftagewoche zur Verfügung stehe. Nach den von Dr. F. erhobenen Befunden stehe zur Überzeugung der Kammer ...

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