nicht-rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauer der Vollmacht im Verwaltungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Eine Vollmacht für „das Verwaltungsverfahren” dauert solange wie das Verwaltungsverfahren. Es endet mit Eintritt der Bindungswirkung des beantragten Bescheids, also spätestens mit der Rechtskraft des Urteils.
In einem späteren Verfahren (wegen Rentenentziehung) ist dem früheren Bevollmächtigten weder Gelegenheit zur Anhörung zu geben noch, ist er von der Anhörung zu verständigen. Die Zustellung des späteren Bescheids an ihn ist schwebend unwirksam mit dem Risiko der nachträglichen Genehmigung.
Normenkette
SGB X §§ 13, 24
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 06.12.1982; Aktenzeichen S 2 U 124/82) |
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 6. Dezember 1982 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung von Rente.
Der am … 1930 geborene Kläger – von Beruf Bauarbeiter – erlitt am 23. Juni 1980 einen Arbeitsunfall, als ihm beim Verlegen von Gleisschienen eine Schiene auf den linken Unterschenkel fiel. Nach dem Durchgangsarztbericht von Professor Dr. L. und Privatdozent Dr. M. – Fachärzte für Chirurgie – zog der Kläger sich eine Unterschenkelfraktur linke zu.
Im Verwaltungsverfahren wurde der Kläger durch Herrn T. vom Patronato I.N.C.A. in H. vertreten. Aufgrund des chirurgischen Gutachtens von Dr. A./Dr. K. vom 23. September 1980, der Berichte von Dr. A. vom 7. Juli und 29. September 1980, von Dr. K. vom 28. Oktober 1980 und der Mitteilung über die Berufshilfemaßnahmen gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13. März 1981 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 % für die Unfallfolgen:
Verschmächtigung der Muskulatur des linken Beines, verminderter Kalksalzgehalt der Knochen des linken Unterschenkels, Gehbehinderung links, Minderbeschwielung der linken Fußsohle sowie glaubhafte Beschwerden nach Bruch des linken Unterschenkels. Als Folgen des Arbeitsunfalls worden nicht anerkannt: Krampfadern an beiden Unterschenkeln.
Die hiergegen durch die Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwälte A. und S. erhobene Klage wurde durch Vorbescheid vom 5. Juni 1981 abgewiesen – S 2 U 86/81 –.
Am 24. November 1981 erstellten Dr. A. und Dr. K. ein zweites Gutachten. Darin führten sie u.a. aus: In den für die Höhe der Rente maßgeblichen Verhältnissen sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die MdE betrage 20 % bis zur ersten Dauerrente, dann sei mit einer MdE von 10 % zu rechnen. Zum 30. November 1981 sei ein Termin für die Entfernung des Osteosynthesematerials vereinbart.
Dr. K. und Dr. H. teilten am 21. Dezember 1981 die entsprechende Operation mit. Der postoperative Verlauf sei von selten der Wunde komplikationslos gewesen, so daß der Kläger schon am dritten Tage habe mobilisiert werden können. Unfallunabhängig seien am sechsten postoperativen Tag Temperaturen aufgetreten. Dr. V. und Dr. Al. verwiesen in ihrem fachinternistischen Befundbericht vom 31. Dezember 1981 auf die Behandlung des Klägers wegen chronischer Emphysembronchitis mit Verdacht auf frische bronchopneumonische Infiltrate im rechten Mittelfeld. Am zwanzigsten Tag nach dem Eingriff ist der Kläger subjektiv beschwerdefrei entlassen worden bei reizlosen Wundverhältnissen unter voll belasteter Mobilisation.
In ihrem Gutachten vom 26. Februar 1982 legten Dr. K. und Dr. H. dar, es handele sich um einen Zustand nach knöchern fest verheiltem operativ versorgten Untrerschenkelbruch links mit Narbenbildung, leichter Muskelminderung der Oberschenkelmuskulatur links und einem Teil der demonstrierten Gangbehinderung. Die MdE betrage jetzt 10 %.
Am 11. März 1982 teilte die Beklagte dem Kläger persönlich per Einschreiben mit, es sei beabsichtigt, die Rente zu entziehen, weil nur noch eine MdE von 10 v.H. vorliege.
Mit Bescheid vom 8. April 1982 – an Herrn T. zugestellt – entzog die Beklagte die bisher gewahrte vorläufige Rente mit Ablauf des Monats Mai 1982 und lehnte die Gewährung einer Dauerrente ab.
Mit Schriftsatz vom 26. April – am 27. April 1982 beim Sozialgericht Speyer eingegangen – hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen, daß die Beklagte ihn zwar über den beabsichtigten Entzug der Rente unterrichtet habe, es fehle aber eine entsprechende Benachrichtigung an seinen Bevollmächtigten, Herrn T.. Seine MdE betrage weiterhin 20 v.H.. Auf den Vorbescheid des Sozialgerichts vom 16. Juli 1982 – am 22. Juli 1982 zugestellt – hat der Kläger mit Schriftsatz vom 20. August – am 23. August 1982 beim Sozialgericht Speyer eingegangen – Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Mit Urteil vom 6. Dezember 1982 hat das Sozialgericht Speyer eine Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) getroffen und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig. Er sei fehlerfrei zustande gekommen. Das Anhörungsverfahren sei nicht zu beanstanden. Her...