Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 30.04.1991; Aktenzeichen S 11 Vs 623/89) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 30.4.1991 insoweit aufgehoben, als der Beklagte dort zur Neubezeichnung der Behinderungen verurteilt worden ist; im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte 1/4; im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Grades der Behinderungen (GdB) der Klägerin nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) und die Feststellung von Behinderungen.
Zuletzt mit Bescheiden vom 24.8.1988, Teil-Abhilfebescheid vom 9.12.1988 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.1989 stellte die Versorgungsverwaltung bei der 1935 geborenen jugoslawischen Klägerin als Behinderungen im Sinne des SchwbG und einem GdB von 50 fest:
- Schwerhörigkeit beiderseits,
- degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule mit rezidivierenden Nerven-Wurzelreizerscheinungen,
- psychische Behinderung.
Im Mai 1989 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag und beantragte die Feststellung eines GdB von 100, da ihr inzwischen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt worden sei. Das Versorgungsamt Koblenz zog von der zuständigen LVA Rheinland-Pfalz das Gutachtensheft bei. Die Ärztin W. führte in einer gutachterlichen Stellungnahme aus, die Behinderungen bedingten weiter Einzel-GdB-Werte von 20, 20, 40 und einen Gesamt-GdB von 50.
Daraufhin lehnte die Versorgungsverwaltung den Antrag mit Bescheid vom 5.9.1989 und Widerspruchsbescheid vom 6.12.1989 ab.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Koblenz Beweis erhoben durch Anforderung eines Befundberichts der Nervenärztin Dr. R. Beiziehung der Akten eines Rentenrechtsstreits der Klägerin gegen die LVA (S 2 I 136/88) sowie die Einholung von Gutachten von Amts wegen der Ärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. Kr. (Dr. Kr.) und Dr. Lo. (Dr. Lo.), Oberarzt des St. A.-Krankenhanses W. sowie eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ki. (Dr. Ki.).
Dr. Kr. hat die Klägerin im April 1990 untersucht und ist abschließend zu dem Ergebnis gelangt, eine wesentliche Verschlimmerung sei im Gesundheitszustand der Klägerin seit 1988 nicht eingetreten; der GdB betrage weiter 50.
Dr. Ki. hat nach einer Untersuchung der Klägerin im August 1990 in ihrem Gutachten ausgeführt, in den Vorgutachten sei die psychische Befindlichkeitsstörung der Klägerin unzureichend in eine neurotische Entwicklung eingeordnet worden. Bei der Klägerin scheine es zu einer funktionellen Veränderung der Hirnsubstanz gekommen zu sein, welche die Fähigkeit zur Verarbeitung psychischen Stresses einschränke. Es bestehe ein hirnorganisches Psychosyndrom, das in seiner Ätiologie bisher nicht habe geklärt werden können.
Eine Änderung gegenüber den Vorbescheiden sei nicht durch das Hinzutreten weiterer Erkrankungen, sondern durch die mangelhafte Berücksichtigung bereits seit Jahren bestehender Störungen eingetreten. Es seien keine neuen Erkrankungen hinzugekommen, sondern die seit 1985 bzw 1987 bestehenden nicht berücksichtigt worden. Der GdB sei mit 50 nicht hinreichend bewertet. Unter Berücksichtigung einer Polymorbilität sei er auf 70 zu veranschlagen.
Der Beklagte ist dem Gutachten der Frau Dr. Ki. durch die Vorlage einer neuro-psychiatrischen Stellungnahme des Dr. Li. (Dr. Li.) entgegengetreten.
Dr. Lo. hat die Klägerin im Februar 1991 untersucht und in seinem Gutachten ausgeführt, seitens seines Fachgebietes bestehe bei der Klägerin eine „Konversionsneurose mit Psychosomatose” und einem Gesamt-GdB von 50. Hinweise auf eine hirnorganische Erkrankung lägen nicht vor.
Mit Urteil vom 30.4.1991 hat das SG Koblenz die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, einen GdB von 60 und das Vorliegen folgender Behinderungen festzustellen, „1. Konversionsneurose, 2. Schwerhörigkeit beiderseits, 3. degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule mit rezidivierenden Nerven-Wurzelreizerscheinungen”; die weitergehende Klage hat es abgewiesen.
Zur Begründung hat das SG im wesentlichen ausgeführt, die bisherige Behinderung Nr. 3 sei nunmehr mit einem GdB von 50 zu bewerten. Da sie als „psychische Behinderung” zu ungenau bezeichnet sei, müsse sie in „Konversionsneurose” umbenannt werden. Es handele sich um eine schwere Neurose am unteren Rand zur mittelschweren Kategorie. Sie bestehe in einer chronischen Fehlhaltung mit schweren hysterischen Verhaltensstörungen. Die Behinderungen Nr. 2 und Nr. 3 bedingten unstreitig jeweils Einzel-GdB-Werte von 20.
Am 31.5.1991 hat der Beklagte gegen das ihm am 8.5.1991 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.
Der Beklagte trägt vor,
er habe die Behinderungen zutreffend bezeichnet und mit einem GdB von 50 bewertet. Selbst wenn man den GdB der psychischen Behinderung mit 50 bewertete, sei eine ...