Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Verweigerung. Zahlung. Zweifel. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
Orientierungssatz
1. Eine Krankenkasse ist aufgrund einer Einschätzung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung hinsichtlich der Notwendigkeit der Behandlungsdauer nicht berechtigt, die Zahlung der insoweit in Rechnung gestellten Behandlungskosten so lange zu verweigern, bis die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit geklärt ist.
2. Sind Krankenkassen berechtigt, Einwendungen nach Bezahlung der Rechnung geltend zu machen und mit Rückzahlungsansprüchen gegen spätere Rechnungen aufzurechnen, verstößt der Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts aufgrund von Einwendungen gegen die Notwendigkeit der in Rechnung gestellten Krankenhausbehandlung nicht gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.
Die klagende kreisfreie Stadt ist die Trägerin des zur medizinischen Versorgung zugelassenen Städtischen Krankenhauses F. Dieses nahm die 1918 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Beigeladene am 13.1.1999 wegen eines Darmkatarrhs zur stationären Behandlung durch die Abteilung für Innere Medizin auf. Am 27.1.1999 wurde die Beigeladene entlassen. Im Entlassungsbericht des Leitenden Arztes der Inneren Abteilung Dr. K und der Oberärztin D vom 29.4.1999 werden eine Gastroenteritis, eine Hypertonie, ein Diabetes mellitus Typ II b, eine Osteoporose, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit beidseits sowie eine diabetische Polyneuropathie als Diagnosen angegeben.
Mit Rechnung vom 23.3.1999, eingegangenen bei der Beklagten am 25.3.1999, machte das Krankenhaus eine Vergütung von 5.373,62 DM geltend. Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. K, Facharzt für Chirurgie, vertrat in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 7.5.1999 die Ansicht, eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit habe lediglich für 4 bis 5 Tage bestanden. Hierzu führte Dr. K mit Schreiben vom 14.5.1999 aus, eine vorzeitige Entlassung sei nicht möglich gewesen. Die Beigeladene leide seit Jahren an einer erheblichen polysymptomatischen Gangstörung mit Myoklonien, die zu einer minutenlangen völligen Gehunfähigkeit führten. Diese Anfälle seien während des stationären Aufenthaltes vermehrt aufgetreten. Die Beklagte holte erneut Stellungnahmen vom MDK ein. Nachdem der Facharzt für Innere Medizin Dr. K in seinem Gutachten vom 2.6.1999 dargelegt hatte, dass es aus retrospektiver internistischer Sicht möglich gewesen wäre, die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen in 7 Tagen durchzuführen, und Dr. P, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, in ihrem Gutachten vom 26.7.1999 darauf hingewiesen hatte, dass sich die Notwendigkeit des stationären Aufenthaltes in einer Inneren Abteilung nicht nachvollziehen lasse, zahlte die Beklagte die Krankenhauskosten für 7 Tage in Höhe von 2.567,81 DM.
Die Klägerin hat am 27.9.1999 wegen der Restforderung Zahlungsklage erhoben. Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Speyer (SG) ein Gutachten von Dr. K, Oberarzt und Kardiologe am Krankenhaus der Evangelischen Diakonissenanstalt S, eingeholt. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 21.3.2000 zu dem Ergebnis gekommen, die Behandlung der Gastroenteritis hätte nicht mehr als 7 Tage in Anspruch nehmen dürfen. Schwere Myoklonien und eine Gehunfähigkeit, die einen längeren stationären Aufenthalt bedingt hätten, ließen sich nicht verifizieren.
Mit Urteil vom 4.3.2002 hat das SG die Beklagte zur Zahlung von 1.434,59 € nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskont- oder Basiszinssatz ab 7.4.1999 verurteilt. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Sie entfalle nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes zu bestimmten Behandlungsmaßnahmen nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstelle. Den Nachweis, dass die streitige Krankenhausbehandlung medizinisch nicht vertretbar oder unwirtschaftlich gewesen sei, habe die Beklagte nicht geführt. Die von Dr. K beschriebenen Anfälle seien in der Krankenakte des Krankenhauses dokumentiert. Den Bewegungsstörungen hätte weder der MDK noch Dr. K hinreichend Rechnung getragen. Der Krankenhausaufenthalt sei für die gesamte Zeit erforderlich gewesen.
Gegen das ihr am 3.6.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1.7.2002 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, die Feststellungen von Dr. K, der sich auch mit den Myoklonien auseinandergesetzt hätte, seien nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt worden. Abgesehen davon sei die seit Jahren bestehende polysymptomatische Gangstörung, deren Ätiologie durch andere Kliniken nicht habe geklärt werden können, einer Behandlung nicht zugänglich gewesen. Diese hätte zudem in de...