Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung. Arzneimittelregress. Verordnung von Trusopt und Dexium keine Praxisbesonderheit. offensichtliches Missverhältnis. Höhe des Überschreitungswertes
Orientierungssatz
1. Die Verordnungen von Trusopt (Wirkstoff Dorzolamid) und Dexium können im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht als Praxisbesonderheiten berücksichtigt werden.
2. Überschreitungswerte in der Größenordnung um etwa 30 % können dem Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses zugeordnet werden (vgl BSG vom 6.9.2000 - B 6 KA 24/99 R = SozR 3-2500 § 106 Nr 50). Selbst eine Kürzung auf nur 20 % über dem Fachgruppendurchschnitt kann in Betracht kommen, wenn es sich um eine sehr homogene Fachgruppe handelt und eventuelle Praxisbesonderheiten schon vorab herausgerechnet worden sind (vgl BSG vom 20.10.2004 - B 6 KA 11/04 B).
Nachgehend
Tatbestand
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit von Arzneimittelregressen für die Quartale 2 bis 4/98 in Höhe von insgesamt 56.955,37 €.
Die Klägerin ist seit 1988 in S als Augenärztin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und gehörte in den streitigen Quartalen zum Bezirk der früheren Kassenärztlichen Vereinigung K, deren Rechtsnachfolgerin die Beigeladene zu 1. seit dem 01.01.2005 ist. Bei gegenüber der Fachgruppe aus 63 (Quartale 2 und 3/98) bzw 64 Ärzten (Quartal 4/98) überdurchschnittlichen Fallzahlen der Klägerin (2.427:1.978 in 2/98; 2.334:1.932 in 3/98; 2.160:1.909 in 4/98) war der Rentneranteil mit 54 % und 59 % gegenüber jeweils 43 % (2 und 3/98) bzw 54 % gegenüber 42 % bei der Fachgruppe (4/98) erhöht. Die Arzneiverordnungskosten von brutto 95.447,32 DM (2/98), 89.443,87 DM (3/98) und 88.567,06 DM (4/98) überschritten den Durchschnitt der Fachgruppe im Quartal 2/98 um 216,1 % (rentnergewichtet: 187,2 %), im Quartal 3/98 um 206,8 % (rentnergewichtet: 166,5 %) sowie im Quartal 4/98 um 224,1 % (rentnergewichtet: 191,4 %). Auf entsprechende Anträge der Beigeladenen und nach Anhörung der Klägerin nahm der Prüfungsausschuss der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung der Vertragsärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk K die Klägerin wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise in Regress und zwar
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mit Prüfungsbescheid vom 09.05.2000 für das Quartal 2/98 mit einem Betrag von 37.752,08 DM, |
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mit Prüfungsbescheid vom 02.08.2000 für das Quartal 3/98 mit einem Betrag von 33.004,73 DM, |
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mit Prüfungsbescheid vom 25.10.2000 für das Quartal 4/98 mit einem Betrag von 35.664,52 DM. |
Hierbei gestand er der Klägerin jeweils einen Mehraufwand von 40 % im Verhältnis zu dem gewichteten Vergleichswert der Fachgruppe zu und setzte vom Bruttoregressbetrag den Apothekenrabatt und die Patientenanteile ab.
Gegen den Bescheid für das Quartal 2/98 legte nur die Klägerin Widerspruch ein, die übrigen Bescheide wurden sowohl von der Klägerin als auch den Beigeladenen zu 2 bis 7 angefochten. Die Klägerin verwies zur Begründung ihres Widerspruchs auf ihren hohen Rentneranteil, wobei diese Gruppe zudem von sehr alten und multimorbiden Patienten geprägt sei. Ferner legte sie dar, sie betreue fünf Altenheime und habe viele schwere Fälle (Makuladegeneration, akute Sehverschlechterung durch Makulaödem, akute Gefäßprozesse, Glaukomfälle) und einen hohen Anteil von chronisch Kranken. Ihre Behandlungsweise sei durch eine innovative Glaukomtherapie mit Trusopt geprägt, die zwar um ein Vielfaches teurer sei als die herkömmliche Behandlung, auf lange Sicht aber immense Vorteile durch Vermeidung von Herz- und Kreislaufbeschwerden biete. Durch die intensive ambulante Betreuung vermeide oder verkürze sie stationäre Behandlungen ihrer Patienten. Zudem belege die für die Quartale 4/97 und 1/98 erstellte statistische Auswertung durch die IFA-... GmbH, dass der Anteil pathologischer Diagnosen - insbesondere Keratokonjunktivitis sicca , Glaukom - im Verhältnis zu refraktiven Diagnosen bei ihr um mindestens 40 % höher sei als in Standardpraxen. Zusammen mit der ungünstigen Altersstruktur (Standardwert bundesweit bei weiblichen Patienten 17,8 %) erkläre allein dies den festgestellten Mehraufwand bei den verordneten Arzneimitteln. Durch die Therapie der diabetischen Retinopathie mit Dexium bildeten sich Netzhautblutungen zurück und der Befund könne stabil gehalten werden, so dass die teure Lasertherapie vermieden bzw aufgeschoben werden könne. Die Kassen machten demgegenüber geltend, die Klägerin weise wie bereits in zahlreichen Vorquartalen eine erhebliche Unwirtschaftlichkeit auf. Daher sei die vom Prüfungsausschuss belassene Restüberschreitung von 40 % ermessensfehlerhaft.
Der Beschwerdeausschuss der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung der Vertragsärzte, Psychotherapeuten und Krankenkassen für den Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung K, deren Rechtsnachfolger der Beklagte seit dem 01.01.2005 ist (künftig: Beklagter) wies die Widersprüche der Klägerin mit Bescheid vom 06.06.2002 (Beschluss vom 13.02.2002) zurück, denjenigen der Kassen gab er st...