Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Magenbandoperation. mittelbare Behandlung der Adipositas
Orientierungssatz
Die Durchführung einer Magenbandoperation zur mittelbaren Behandlung der morbiden Adipositas und ihrer übergewichtsbedingten Begleiterkrankungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ist nicht gerechtfertigt.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Magenbandoperation.
Die 1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Gestützt auf eine Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. W beantragte sie im Januar 1999 die Kostenübernahme für einen stationären Krankenhausaufenthalt zur Durchführung einer Magenbandoperation zur künstlichen Magenverkleinerung bei bestehender Adipositas per magna und Erfolglosigkeit bisheriger diätetischer Maßnahmen einschließlich eines Kuraufenthaltes zwei Jahre zuvor. Infolge der Adipositas bestünden statische Probleme im Bereich der Wirbelsäule und der Kniegelenke, belastungsabhängige Atembeschwerden und psychische Probleme. Unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin im "Fragebogen Adipositas" (Verwaltungsakte Bl 2 bis 7) gelangte der Chirurg Dr. E vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im sozialmedizinischen Gutachten vom 8.4.1999 zum Ergebnis, die operative Behandlung der Adipositas entspreche nicht dem aktuellen Stand medizinischer Erkenntnis. Bei der Klägerin liege zudem eine psychogene Störung des Essverhaltens vor, weshalb das auch nach einer Operation des Magens notwendige disziplinierte Verhalten sehr zweifelhaft sei. Mit Bescheid vom 15.4.1999 lehnte die Beklagte den Antrag daraufhin ab; der gestützt auf ein Attest des Internisten Dr. W vom 29.4.1999 erhobene Widerspruch der Klägerin blieb nach nochmaliger Beteiligung des MDK (Gutachten des Chirurgen Dr. K vom 27.5.1999) ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 1.7.1999).
Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Speyer das in einem anderen Rechtsstreit erstattete Gutachten des PD Dr.S vom 22.11.1999 nebst weiteren Unterlagen, ua die Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, beigezogen und von der Beklagten die Grundsatzstellungnahme der Arbeitsgruppe M 7 "Krankenhaus" des MDS zu "Gastric-Banding" angefordert. Sodann hat es von Amts wegen von PD Dr. S ein chirurgisches Gutachten vom 30.8.2000 eingeholt. Dieser ist zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin sei mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine dauerhafte Gewichtsabnahme durch die Adipositas-chirurgische Maßnahme zu erreichen. Die strengen Indikationsrichtlinien seien bei einem Körpergewicht der Klägerin von 120,9 kg bei 159 cm Körpergröße (Body-Mass-Index 47) und zusätzlich bestehenden Begleiterkrankungen, einer schon seit der Jugend und damit seit mehr als fünf Jahren bestehenden Übergewichtigkeit, mehrfachen erfolglosen Versuchen der Gewichtsreduktion auch unter stationären Bedingungen und der außer Zweifel stehender Motivationslage erfüllt. Kontraindikationen seien nicht gegeben, die insoweit vom MDK diagnostizierte "psychogene Essstörung" sei letztlich bei allen primär Übergewichtigen die Ursache der Adipositas, wobei gerade das Magenband die betroffenen Patienten in eine gewisse Essdisziplin zwinge.
Die Beklagte hat demgegenüber auf hohe Komplikationsraten der Operation und deren Unwirksamkeit gegenüber flüssig zugeführten Kalorien verwiesen; der Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen habe über die Einführung der Methode in die ambulante vertragsärztliche Versorgung noch nicht befunden (Vorlage der Stellungnahme vom 2.6.2000 -- Prozessakte Bl 180). Auch grundsätzlich stelle sich die Frage, ob ein solcher Eingriff in ein gesundes Organ eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sein könne.
Zu den Einwendungen der Beklagten hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme von PD Dr. S vom 14.11.2000 beigezogen. Durch Urteil vom 15.12.2000 hat es der Klage stattgegeben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Gastric-Banding-Operation stelle eine notwendige Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) dar, wie zur Überzeugung der Kammer aufgrund des eingeholten Gutachtens des Sachverständigen PD Dr. S feststehe. Ein Ausschluss der Methode aufgrund der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach §§ 92, 135 SGB V komme nicht in Betracht, weil diese lediglich die ambulante Krankenbehandlung beträfen, die Magenbandoperation jedoch bislang ausschließlich stationär durchgeführt werde. Da auch der vom Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2000 gemäß § 137c SGB V eingeführte Ausschuss "Krankenhaus" zur Überprüfung der im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden noch nicht gebildet sei, könne auch diese Vorschrift dem Leistungsanspruch der Klägerin nicht entgegenstehen. Voraussetzung für den Anspruch auf Kosten...