Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Orthopädietechnikerinnung. kein Auskunftsanspruch über Inhalt der Hilfsmittelverträge
Leitsatz (amtlich)
Eine Orthopädietechnikerinnung hat keinen Auskunftsanspruch nach § 127 Abs 2 S 4 SGB 5 über Verträge mit Leistungserbringern/Leistungserbringergemeinschaften.
Orientierungssatz
Der Auskunftsanspruch steht ihr auch nicht unter dem Gesichtspunkt der gesetzlichen oder gewillkürten Prozessstandschaft zu.
Normenkette
SGB V § 127 Abs. 2 S. 4; HWO § 54 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.11.2012 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob die beklagte Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau verpflichtet ist, der Klägerin über Inhalte nach §§ 126, 127 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geschlossener Verträge mit Leistungserbringern/Leistungserbringergemeinschaften Auskunft zu erteilen.
Die Klägerin vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Interessen des Orthopädietechnikerhandwerks. Zwischen ihr (bzw ihrer Rechtsvorgängerin) einerseits und dem BKK-Landesverband Rheinland-Pfalz und Saarland sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Landwirtschaftliche Krankenkasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland; zukünftig: Beklagte) andererseits existieren zwei Rahmenverträge auf der Grundlage des § 127 Abs 2 SGB V vom 22.9.2008 und 4.11.2008, die am 1.1.2009 in Kraft getreten sind.
Nachdem die Beklagte an Mitgliedsbetriebe der Klägerin eine "Preisliste" über Hilfsmittel übersandt hatte, teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 16.4.2009 mit, sie und der Fachverband für Orthopädie- und Reha-Technik sowie der Sanitätsfachhandel Rheinland-Pfalz eV wären gerne bereit, den bestehenden Verträgen beizutreten, was der Klägerin nach neuer Gesetzeslage möglich sei; sie bitte deshalb um Einsichtnahme in die bestehenden Verträge. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 4.5.2009, die an verschiedene Mitgliedsbetriebe übersandte Preisliste sei kein Vertrag nach § 127 SGB V; vielmehr handele es sich um am Markt entwickelte Preise einiger regelmäßiger Lieferanten.
In ihrem Schreiben vom 24.6.2009 stellte sich die Klägerin auf den Standpunkt, bei Preislisten handele es sich um Verträge im Sinne des § 127 SGB V. Die Klägerin bat nochmals um Übersendung der Preisliste. In ihrem Schreiben vom 11.12.2009 forderte die Klägerin die Beklagte auf mitzuteilen, für welche Produktgruppen Verträge nach §§ 126, 127 SGB V mit Leistungserbringern oder Vereinigungen von Leistungserbringern geschlossen worden seien, und verlangte die Übersendung der bislang geschlossenen und noch gültigen Verträge. Zur Begründung führte sie aus, ihr Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 127 Abs 2 Satz 4 SGB V und beziehe sich auch auf die vor dem 1.4.2007 geschlossenen Verträge. Die Beklagte machte geltend, aus den gesetzlichen Vorschriften folge kein Auskunftsanspruch von Verbänden von Leistungserbringern.
Am 9.11.2010 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie Auskunft über die mit Leistungserbringern geschlossenen Verträge gemäß §§ 126, 127 SGB V zu erteilen. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Als zuständiger Fachverband des Sanitätshandels, der für seine Mitglieder vertretungsbefugt sei, habe sie Anspruch auf die begehrte Auskunft. Wie sich aus der Begründung zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-OrgWG - (BT-Drucksache 16/10609) ergebe, sei dem Gesetzgeber an einem Vertragswesen gelegen, das Verbände und Zusammenschlüsse von Leistungserbringern in das Vertragswesen einbeziehe. Der Auskunftsanspruch folge aus § 127 Abs 2 Satz 4 SGB V.
Die Beklagte hat vorgetragen: Durch einen Fehler eines Mitarbeiters sei die Preisliste an Mitglieder der Klägerin gesandt worden. Da es sich hierbei um Hilfsmittel handele, die im Regelfall für den Wiedereinsatz geeignet seien, habe sie, die Beklagte, hierüber nie schriftliche Verträge abgeschlossen. Solche seien nicht sinnvoll, da der Wiedereinsatz dem Neukauf immer vorgegangen sei und sie, die Beklagte, über einen Bestand von eigenen Hilfsmitteln zum Wiedereinsatz verfüge. Der Gesetzgeber habe kein eigenes Auskunftsrecht für die Verbände und Zusammenschlüsse von Leistungserbringern vorgesehen.
Durch Urteil vom 9.11.2012 hat das Sozialgericht (SG) Speyer die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Auskunft über die mit Leistungserbringern geschlossenen Verträge gemäß §§ 126, 127 SGB V. Die Voraussetzungen des allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 127 Abs 2 Satz 4 SGB V seien nicht erfüllt. Es könne offenbleiben, ob die Beklagte über die mit der Klägerin bereits geschlossenen Rahmenverträge hinaus mit Leist...