Verfahrensgang
SG Trier (Urteil vom 23.09.1993; Aktenzeichen S 3 U 154/91) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 23.9.1993 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei dem verstorbenen Versicherten Ma. Sch. ein Augenleiden als Berufskrankheit (BK) festzustellen und zu entschädigen ist.
Der Versicherte ist am … 1944 geboren und am …1998 verstorben. Er hat den Beruf eines Zimmermanns erlernt und übte diesen Beruf von Juli 1959 bis Dezember 1986 – mit Unterbrechungen – aus.
Im Mai 1987 stellte der Versicherte den Antrag, sein Augenleiden (beidseitige Atrophie des Sehnerven mit Sehschärfenminderung und zentralen Gesichtsfeldausfällen) als Berufskrankheit festzustellen. Er machte geltend, diese Erkrankung sei auf die Einwirkung toxischer Arbeitsstoffe, insbesondere Imprägnierungsmittel, zurückzuführen.
Der Augenarzt Dr. Z. diagnostizierte in einem Schreiben vom 18.8.1987 einen Opticusschaden, den er auf die Einwirkung von Xyladecor bzw Foradil/Floradil zurückführte.
Dr. H., beratender Arzt der Beklagten, kam in einer Stellungnahme vom 16.11.1987 zu dem Ergebnis, eine Schädigung des visuellen Systems infolge der Einwirkung von Imgrägnierungsmitteln sei nicht bekannt. Darüber hinaus sei der Versicherte als Zimmermann bzw Dachdecker üblicherweise im Freien tätig gewesen. Dies schließe eine schädigungsrelevante Exposition aus.
Prof. Dr. N., Direktor der Universitäts-Augenklinik M. stellte in seinem Gutachten vom 4.11.1988 fest, bei dem Versicherten bestehe beidseits eine Atrophie des Sehnerven mit Sehschärfenminderung (beidseits 0,3) und zentralen Gesichtsfeldausfällen sowie unspezifischen Farbsinnstörungen. Ein Sehnervenschwund aufgrund toxischer Genese könne nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden.
Dr. S., Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, empfahl in einer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 14.2.1989 zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Einholung eines neurologischen und arbeitsmedizinischen Gutachtens.
Dr. M., Leitender Arzt der Klinik Burg L., kam in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 1.6.1989 zu dem Ergebnis, auf seinem Fachgebiet seien keine funktionellen Ausfälle feststellbar, die eine Minderung der Leistungsfähigkeit zur Folge hätten.
Mit Bescheid vom 3.10.1989 lehnte die Beklagte die Feststellung einer beidseitigen Atrophie des Sehnerven mit Sehschärfenminderung und zentralen Gesichtsfeldausfällen als BK ab.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine arbeitsmedizinische Stellungnahme des Dr. med. Dipl. Chemiker R. Ma., Gewerbemedizinialdirektor a.D., vom 21.5.1991 ein. Dr. Ma. teilte mit, eine Häufung von Opticusatrophien im Gewerbezweig der Sägewerker und Zimmerleute sei ihm nicht bekannt. Eine abschließende Stellungnahme könne allerdings erst nach Beiziehung weiterer Unterlagen erfolgen.
Die Beklagte zog daraufhin ein Vorerkrankungsverzeichnis der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Bernkastel-Wittlich sowie Befundunterlagen der Augenärzte Dr. Z. und Dr. F. bei.
Dr. Ma. hielt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.8.1991 fest, eine BK könne nicht wahrscheinlich gemacht werden, da die bei dem Versicherten vorliegende Augenerkrankung nach heutigem Erkenntnisstand nicht bei Holzberufen gehäuft auftrete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.1991 wies die Beklagte den Widerspruch des Versicherten zurück. Sie führte aus, eine toxische Opticusatrophie könne aufgrund der medizinischen Stellungnahmen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Im Klageverfahren hat Dr. S. in seinem von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 14.12.1992 dargelegt, der bei dem Versicherten vorliegende hochgradige beidseitige Sehverlust sei mit Wahrscheinlichkeit durch die jahrzehntelange Aufnahme hochtoxischer Holzschutzmittel-Biozide verursacht bzw wesentlich teilverursacht. Eine BK sei seit dem 19.11.1986 festzustellen und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH festzustellen.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme des Arztes für Arbeitsmedizin sowie Dipl.Chem. Dr. K. Staatlicher Gewerbearzt für den Außenbezirk N., vom 9.11.1992 vorgelegt. Dr. … hat darin einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Schädigung des Sehnerven und toxischen Arbeitsstoffen verneint.
Die Beklagte hat darüber hinaus eine Stellungnahme von Prof. Dr Dr. B., Direktor der Abteilung Toxikologie und Arbeitsmedizin am Institut für Arbeitsphysiologie der Universität Do., vom 9.9.1993 zur Frage eines Opticusschadens als Folge einer Lösemittelintoxikation vorgelegt. Der Sachverständige hat ausgeführt, in der Literatur würden nur sehr vereinzelt Fälle beschrieben, bei denen es nach einer Lösemittelexposition zu Opticusschäden mit beidseitigem Sehverlust gekommen sei. Nach derzeitigem Wissensstand könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass eine Lösemittelexposition allein zu dem geschilderten Krankheitsbild führen könne. Im F...