Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung. Beitragspflicht. Rentenversicherung. Pflegeperson

 

Orientierungssatz

Zur Zahlungspflicht von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für Pflegepersonen durch ein privates Versicherungsunternehmen gemäß § 44 Abs 1 S 1 SGB 11.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 06.10.1998; Aktenzeichen S 11 P 58/98)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.07.2000; Aktenzeichen B 12 P 2/00 B)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 6.10.1998 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rentenversicherungspflicht der Klägerin als nicht erwerbsmäßige Pflegeperson und die daraus folgende Verpflichtung der Beklagten, Beiträge nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) an die Beigeladene zu entrichten.

Die Klägerin ist die Tochter und Pflegeperson der 1912 geborenen Beigeladenen zu 2 (Versicherte), die bei der Beklagten pflegeversichert ist. Die Beklagte ist durch die „Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen zur Durchführung der Pflegeversicherung nach dem Pflegeversicherungsgesetz vom 26.5.1994 für die Mitglieder der Postbeamtenkrankenkasse und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten” zur Durchführung der privaten Pflegeversicherung beauftragt. Seit 1.4.1995 gewährt die Beklagte der Versicherten Leistungen nach Pflegestufe I und entrichtet für die Klägerin Beiträge an den beigeladenen Rentenversicherungsträger.

Grundlage hierfür bildete ein Untersuchungsbericht von Dr. P. (Medicproof) nach einer Untersuchung der Versicherten am 31.5.1995. Als Diagnosen sind aufgeführt:

Gonarthrose,

Hüft-TEP bds. 1991 u. 1993.

Der Hilfebedarf wird durch Ankreuzen von Formularangaben beschrieben. Beim Duschen und beim An- und Auskleiden ist „mindestens einmal täglich” angekreuzt. Beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung ist „mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten” angekreuzt. Daneben ist die Frage nach dem Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung mit „Ja” beantwortet. Weitere Angaben zum Hilfebedarf finden sich nicht. Abschließend ist als Ergebnis der Prüfung der Pflegebedürftigkeit „Pflegestufe I” angekreuzt.

Am 22.12.1997 erstellte Dr. R. (Medicproof) einen weiteren Untersuchungsbericht. Als Diagnosen sind (soweit verständlich) aufgeführt:

Schwere Gonarthrose re. (Op-bedürftig),

TEP beider Hüftgelenke 1991 und 1993,

Gang unsicher (Begleitung beim Verlassen der Wohnung und beim Treppensteigen),

Dupuytren'sche Kontraktur bds. (1996 Op) mit Parästhesien und Störung der Feinmotorik …,

Schultertrauma links …,

… u. Schürzengriff nicht möglich,

KHK.

Der Hilfebedarf wird auch hier durch Ankreuzen von Formularangaben beschrieben. Beim Waschen und Baden sowie beim An- und Auskleiden, Gehen und Treppensteigen ist „mindestens einmal täglich” angekreuzt. Die Frage nach dem hauswirtschaftlichen Hilfebedarf ist mit „Ja” beantwortet. Bei der Frage nach dem Hilfebedarf in der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung ist „mindestens 1,5 Std. täglich” angekreuzt. Weitere Angaben zum Hilfebedarf finden sich nicht.

Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 6.1.1998 mit, aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass für sie ab 5.1.1998 keine Versicherungspflicht in der gesetzliche Rentenversicherung nach § 3 Nr. 1 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bestehe, weil sie die Versicherte nicht wenigstens 14 Stunden wöchentlich in ihrer häuslichen Umgebung pflege. Rentenversicherungsbeiträge aus der Pflegepflichtversicherung der Versicherten könnten daher für sie nicht mehr gezahlt werden.

Ihre Klage auf Weiterentrichtung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung über den 5.1.1998 hinaus hat die Klägerin u.a. auf eine ärztliche Bescheinigung des Internisten Dr. Sch. vom 31.1.1998 gestützt. Danach liegen bei der Versicherten folgende Erkrankungen vor:

Koronare Herzkrankheit klin. Stadium II,

Zustand nach Hüftendoprothesen-Op. beids. 1991 u. 1993, Gonarthrose bds.,

Zustand nach Osteosynthese li. Sprunggelenk 1978,

Omarthrose mit starker Bewegungseinschränkung li.,

Carpaltunnelsyndrom bds,

Zustand nach Neurolyse re.,

persistierendes Taubheitsgefühl der Finger beider Hände mit Störung der Feinmotorik,

degeneratives WS-Syndrom,

Senk-Spreizfuß bds,

chron. venöse Insuffizienz mit rez. Thrombophlebitiden.

Dr. Sch. hat in seiner Bescheinigung weiter ausgeführt, aufgrund der chronischen Erkrankungen sei die Versicherte so stark behindert, dass Pflegebedürftigkeit bestehe. Sie benötige tägliche Hilfe beim Waschen, Kämmen, An- und Ausziehen der Kleidung, der Schuhe und der Kompressionsstrümpfe, beim Duschen, beim Gang zur Toilette, bei medizinisch indizierten Salbenapplikationen und bei allen Hausarbeiten. Begleitung bei Arztbesuchen sei erforderlich. Der tägliche Pflegeaufwand betrage mindestens ...

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