Entscheidungsstichwort (Thema)
Heilfürsorge. Pflichtversicherung. Versicherungsfreiheit. Nebenerwerbslandwirt. Beamter. Beihilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Polizeibeamter, der zugleich als Nebenerwerbslandwirt ein landwirtschaftliches Unternehmen bewirtschaftet, ist nicht deshalb versicherungsfrei in der Krankenversicherung der Landwirte, weil er als Angehöriger der Bereitschaftspolizei Anspruch auf freie Heilfürsorge hat.
2. Die einem Beamten gewährte freie Heilfürsorge kann (ebensowenig wie die Beihilfe) einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt werden.
Normenkette
KVLG § 3 S. 1
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 18.01.1980; Aktenzeichen S 9 K 20/79) |
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 18. Januar 1980 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassene.
Tatbestand
Der Kläger ist Vollzugsbeamter der Bereitschaftspolizei mit Anspruch auf freie Heilfürsorge und außerdem bei der Deutschen Angestelltenkrankenkasse (DAK) privat gegen Krankheit versichert. Seit 1. September 1978 bewirtschaftet er einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 1,42 ha Weinberge und 0,27 ha Acker- bzw. Gartenland. Durch Bescheid vom 20. Dezember 1978 nahm die Beklagte ihn in ihr Mitgliederverzeichnis auf und veranlagte ihn ab 1. September 1978 zur Beitragszahlung. Seinen Antrag auf Befreiung von der Beitragspflicht lehnte die mit Bescheid vom 28. Dezember 1978 ab und wies durch Bescheid vom 20. Februar 1979 den gegen beide Bescheide erhobenen Widerspruch zurück.
Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, bei der ihm gewährten freien Heilfürsorge handele es sich nicht um eine freiwillige Krankenversicherung, sondern eine Pflichtversicherung, die als gesetzliche Krankenversicherung anerkannt bzw. dieser gleichzustellen sei. Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Klage durch Urteil vom 18. Januar 1980 abgewiesen, weil die dem Kläger zustehende unentgeltliche Heilfürsorge keine Versicherungspflicht auf gesetzlicher Grundlage darstelle. Zwar sei der Kläger verpflichtet, sich dieser Heilfürsorge zu bedienen. Dieser Zwang beruhe aber nur auf dienstrechtlichen Gründen, da der Dienst bei der Bereitschaftspolizei erhöhte körperliche Fitness erfordere und daher eine gesonderte ärztliche Überwachung rechtfertige.
Der Kläger hat gegen das am 6. Februar 1980 zugestellte Urteil am 29. Februar 1980 Berufung eingelegt, mit der er sein Vorbringen aus 1. Instanz wiederholt und weiter vorträgt: Die freie Heilfürsorge sei ein Teil seiner Beamtenvergütung, weshalb es nicht darauf ankommen könne, daß er dafür keinen ausdrücklich bezifferten Beitrag zu zahlen habe. Daß seine Familie nicht in die Heilfürsorge einbezogen werde, sei für ihn bedeutungslos, weil seine Ehefrau selbst versicherungspflichtig beschäftigt sei und daher einen eigenen Krankenversicherungsschutz mit Familienhilfe genieße. Mithin sei praktisch kein Fall denkbar, daß er einmal in die Lage versetzt werde, von der Beklagten Leistungen zu beanspruchen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 18. Januar 1980 und die Bescheide der Beklagten vom 20. Dezember 1978 und 28. Dezember 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1979 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, die Verpflichtung des einzelnen Beamten, an der ihm aus Fürsorgegründen gewährten Heilfürsorge teilzunehmen, habe keinen versicherungsrechtlichen Charakter und diene ausschließlich der einheitlichen Überwachung und Überprüfung der erfaßten Personenkreise.
Die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten Mitgl. Nr.: … sowie die Akten des Sozialgerichts Speyer S 9 K 20/79 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Akten sowie auf den der Prozeßakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung ist nicht ausgeschlossen und form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) gehören dieser Versicherung grundsätzlich alle Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Weinbaues an, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, eine nach § 1 Abs. 3 und 4 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) festzustellende, auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bilden. Der Kläger bewirtschaftet im Nebenerwerb eine Weinbaufläche von 1,42 ha Größe, die zusammen mit den von ihm genutzten Acker- bzw. Gartenland mit einem Vergleichswert von insgesamt 9.538 DM die von der Alterskasse festgesetzte Mindesthöhe für landwirtschaftliche Unternehmen übersteigt. Er ist somit landwirtschaftlicher Unternehmer und bei der Beklagten kraft Gesetzes versicherungspflichtig. Daran ändert auch der Umstand nich...