Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht eines Doktoranden
Leitsatz (amtlich)
1. Nur das Studium selbst, das Teil der wissenschaftlichen Ausbildung für den zukünftigen Beruf ist, kann die Versicherungsfreiheit einer daneben ausgeübten abhängigen Beschäftigung rechtfertigen.
2. Mit dem Bestehen der Diplomprüfung ist die wissenschaftliche Ausbildung eines Physikers beendet. Weder seine wissenschaftliche Arbeit zum Thema seiner Doktorarbeit noch der von der Promotionsordnung vorgeschriebene Besuch von Vorlesungen und Seminaren nach Ablegung der Diplomprüfung dienen der wissenschaftlichen Ausbildung. Ein Doktorand ist deshalb nicht mehr als ordentlicher Studierender anzusehen.
Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 21.06.1978; Aktenzeichen S 2 K 13/77) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 21. Juni 1978 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der im … 1946 geborene Kläger ist seit April 1972 Mitglied der Beklagten. Ab Oktober 1975 unterlag er der studentischen Pflichtversicherung. Nach erfolgreicher Ablesung seines Hochschulexamens als Diplom-Physiker blieb er zum Zwecke der Promotion weiterhin an der …-Universität N. immatrikuliert. Außerdem ist er ab 1. Dezember 1975 am dortigen Institut für physikalische Chemie als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt; er wurde durch Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 1) vom 5. November 1975 im Rahmen der Durchführung eines Forschungsvorhabens (Sonderforschungsbereich 41) als Angestellter für Aufgeben von begrenzter Dauer eingestellt, und zwar für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet „Einfluß der Probenrotation auf die kernresonanz”, das gleichzeitig das Thema seiner Doktorarbeit ist; als Vergütung wurden monatliche Pauschbeträge von zunächst 1.150,– DM und 1.250,– DM ab 1. November 1976 bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 18 Wochenstunden vereinbart.
Nach der Meldung des Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung der Angestellten aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses fest. Demgegenüber vertrat der Kläger die Auffassung, er sei nicht angestelltenversicherungspflichtig und gehöre weiterhin der gesetzlichen Krankenversicherung der Studenten an; stattgebend sei, daß er bei der Fortsetzung seines Studiums mit dem Ziel der Promotion einer auf das bisherige Studium aufbauenden Ausbildungsregelung (Promotionsordnung) unterworfen sei, die ihn wegen der Anhörung notwendiger Vorlesungen zur weiteren Einschreibung als ordentlicher Studierender verpflichte, außerdem habe die von ihm ausgeübte Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter alle Merkmale einer Nebentätigkeit.
Durch Bescheid vom 27. Oktober 1976 verneinte die Beklagte die Versicherungsfreiheit des ab 1. Dezember 1975 bestehenden Beschäftigungsverhältnisses mit der Begründung: Nur die während eines ordentlichen Studiums ausgeübte Beschäftigung sei versicherungsfrei in der Kranken- und Rentenversicherung. Ein ordentliches Studium ende immer mit dem berufsqualifizierenden Abschluß, auch wenn aus besonderen Gründen, wie beispielsweise zum Zwecke der Promotion, eine weitere Einschreibung an der Hochschule erfolge. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), daß die neben einem Studium ausgeführte Beschäftigung versicherungsfrei bleibe, wenn das Studium überwiege, die Beschäftigung also weniger als 20 Stunden in der Woche dauere, müsse deshalb außer Betracht bleiben.
Der Widerspruch des Klägers gegen diese Entscheidung blieb erfolglos.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 21. März 1977 hat der Kläger rechtzeitig bei der damaligen Zweigstelle Mainz des Sozialgericht (SG) Speyer Klage erhoben. Er hat zusätzlich geltend gemacht: Die Vergütung aufgrund der Arbeitsverträge zur Ausübung wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiet des Promotionsthemas stelle lediglich den Ersatz dar für ein Stipendium, das aus Gründen der Chancengleichheit der übrigen Studenten den Studierenden nicht gewährt werde, die die Promotion anstrebten. Letztere betrieben jedoch ein echtes Regelstudium, weil das Berufsziel des Physikers oder Chemikers ohne Promotion nicht erreicht werden könne.
Die Beklagte hat entgegnet, es komme nicht darauf an, ob ausschließlich promovierte Naturwissenschaftler eine Berufschance in der Privatwirtschaft hätten, der Diplom-Physiker, der sein Studium mit dem Ziel der Promotion fortsetze, stehe nicht unter dem Schutz der speziell für Studenten geschaffenen gesetzlichen Krankenversicherung.
Durch Urteil vom 21. Juni 1978 hat das SG Mainz die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es dargelegt, der Kläger sei aufgrund seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter krankenversicherungs- und angestelltenversicherungspflichtig, es bestehe keine Versicherungsfreiheit, da der Kläger nach Ablegung seiner Diplom-Prüfung nicht mehr als Student anzusehen sei, der sich in Ausbildung befinde, obwohl er weiterhin als or...