nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Mainz (Entscheidung vom 04.12.2001)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.02.2003; Aktenzeichen B 2 U 396/02 B)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 4.12.2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung seines während einer Strafhaft in der ehemaligen DDR erlittenen Unfalls vom 27.12.1985 als Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Der 1963 geborene Kläger erlitt am 27.12.1985 während seiner Strafhaft in der ehemaligen DDR im VEB M K W. P in H einen Unfall, als sein rechter Arm von einer Drahtziehmaschine erfasst wurde. Dadurch kam es zu einem Plexusabriss am rechten Arm, wodurch die Gebrauchsfähigkeit dieses Arms weitgehend verloren ging.

Mit Bescheid des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) - Kreisvorstand - Verwaltung der Sozialversicherung Gera (Stadt) vom 3.12.1987 wurde eine Unfallrente nach einem Körperschaden von 75 % festgestellt.

Im Juli 1988 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz in das Gebiet der alten Bundesländer. Seinen Angaben zufolge erhielt er seine DDR-Unfallrente letztmals für Juli 1988 ausgezahlt.

Mit Schreiben vom Mai 1998 (eingegangen im Juni 1998) machte der Kläger gegenüber der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung geltend, der Unfall vom Dezember 1985 sei als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Durch Bescheid vom 7.4.2000 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da es sich nach DDR-Recht nicht um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt habe. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.6.2000 zurückgewiesen.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte durch Urteil vom 4.12.2001 unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, den Unfall des Klägers vom Dezember 1985 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Entgegen der Meinung der Beklagten sei der Unfall des Klägers nach den Vorschriften der ehemaligen DDR ein versicherter Arbeitsunfall gewesen. Dies ergebe sich aus § 38 des Strafvollzugsgesetzes der DDR (StVG-DDR) vom 7.4.1977 (GBl I Nr 11, S 109 ff), wonach bei Schäden aus im Strafvollzug erlittenen Unfällen oder Berufskrankheiten nach der Entlassung aus dem Strafvollzug nach den für die Behandlung von Schäden oder Berufskrankheiten geltenden Rechtsvorschriften zu verfahren gewesen sei. Entgegen der Meinung der Beklagten sei mit dieser Bestimmung kein "verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch gegen den Staat" begründet worden. Der Anspruchsbeginn erst nach der Entlassung aus der Haft, stehe dem nicht entgegen.

Gegen dieses ihr am 5.2.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 4.3.2002 beim Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Beklagten.

Die Beklagte trägt vor: Der Kläger habe in der ehemaligen DDR nicht zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehört. Das SG habe außer Acht gelassen, dass es im DDR-Recht keine Vorschrift gegeben habe, wonach Strafgefangene in den Kreis der versicherten Personen einbezogen worden seien. Der Arbeitsunfall sei in der DDR für die Versicherten unterschiedlich definiert gewesen und zwar für die nach der "Verordnung der Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten" (SVO I) Versicherten in § 220 Arbeitsgesetzbuch (AGB), für die nach der "Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der DDR" (SVO II) Versicherten in § 90 SVO II und für die nach der "Verordnung über die Sozialversicherung der in eigener Praxis tätigen Ärzte und der freiberuflich tätigen Kultur- und Kunstschaffenden" (SVO III) Versicherten in § 27 SVO III. Strafgefangene seien weder im SVO I noch im SVO II noch im SVO III als zum Kreis der versicherten Personen gehörig aufgeführt gewesen. Auch in der "Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten" finde sich keine Regelung zu Tätigkeiten von Strafgefangenen während eines Arbeitseinsatzes. Der Kläger habe lediglich einen Anspruch auf Leistungen "wie" nach einem Arbeitsunfall gehabt. Wenn der Unfall als Arbeitsunfall zu werten gewesen wäre, hätte sich die Vorschrift des § 38 StVG-DDR erübrigt. Die Tatsache, dass der FDGB nach der Haftentlassung mit der Erledigung der Rentenangelegenheiten betraut gewesen sei, belege nicht, dass es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Mainz vom 4.12.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 143 f, ...

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