Verfahrensgang
SG Gotha (Aktenzeichen S 1 U 726/99) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Rechtsanwältin … wird abgelehnt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Tatbestand
I.
Der 1938 geborene Kläger wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Erfurt 1959 zu lebenslanger Haft verurteilt. Er war in der Strafvollzugsanstalt (StVA) Brandenburg/Havel inhaftiert und arbeitete dort seit 30. November 1960 zwangsweise in einem Werk der VEB Brandenburger Traktorenwerke, ab 20. Juni 1962 als Schleifer in der Halle I Werk IV.
Nach der Unfallanzeige des Betriebes an den Bezirksvorstand des FDGB – Arbeitsschutzinspektion – vom 28. August 1962 erlitt er am 11. August 1962 gegen 17.30 Uhr beim Schleifen von Schlitten für Brotschneidemaschinen eine Prellung des Nasenbeins mit Nasenbeinfraktur. Er wurde nach einer Woche in das Haftkrankenhaus … mit Verdacht auf Fraktur im Bereich des rechten Siebbeines verlegt. Im Klinikum der Universität … erfolgte am 17. August 1962 eine Revision der rechten Stirnhöhle und des rechten Siebbeins sowie der rechten Keilbeinhöhle (ärztlicher Abschlussbericht vom 22. August 1962).
Der Kläger stellte unter dem 28. August 1995 einen Antrag an die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, weil er seit dem Unfall erhebliche Probleme mit dem rechten Auge sowie Ohrgeräusche habe. Er ging bei der Beklagten am 3. Juni 1996 ein. Diese zog die bei der Justizvollzugsanstalt Brandenburg geführte Gesundheitsakte des Klägers bei und lehnte mit Bescheid vom 8. Juli 1998 die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 1999 mit der Begründung zurück, zum Unfallzeitpunkt habe der Kläger nicht unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Leistungen könnten deshalb nicht gewährt werden.
Mit Urteil vom 25. Juli 2001 hat das Sozialgericht Gotha die Klage auf „Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall” (Antrag nach der Niederschrift der Sitzung vom gleichen Tage) abgewiesen.
Mit seiner Berufung hat der Kläger ausgeführt, der vom Sozialgericht zitierte § 220 des Arbeitsgesetzbuches der DDR sei nicht einschlägig, da diese Vorschrift erst zum 1. Januar 1978 in Kraft getreten sei. Alle Unfälle während des Strafvollzuges seien unter Unfallversicherungsschutz gestanden, wie sich aus § 38 des Strafvollzugsgesetzes von 1977 ergebe. Im Übrigen sei er trotz der Strafhaft Arbeiter bei dem VEB … gewesen, habe damit Lohnanspruch gehabt und sei unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Auch aus einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. April 1960 ergebe sich, dass die Tätigkeit eines Strafgefangenen eine versicherte Beschäftigung sei.
Der Kläger beantragt,
ihm für das Verfahren vor dem Thüringer Landessozialgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin …, beizuordnen.
Die Beklagte und die Beigeladene haben sich zu dem Antrag nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Nach § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Soweit eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordnet. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei nach Absatz 2 auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint und der Gegner von einem Rechtsanwalt vertreten ist.
Bei summarischer Prüfung des Falls besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Augenbeschwerden und Ohrengeräusche als Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. August 1962, weil nach dem zum Unfallzeitpunkt im Beitrittsgebiet geltendem Recht der Unfall eines Haftgefangenen kein Arbeitsunfall war.
Zwar war nach dem am 25. Juli 2001 vor dem Sozialgericht gestellten Antrag die Klage im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eigentlich unzulässig, weil die Anerkennung des Ereignisses vom 11. August 1962 als Arbeitsunfall nur die Feststellung einer einzelnen Anspruchsvoraussetzung zum Inhalt hat (vgl. Thüringer Landessozialgericht vom 28. August 1997 – Az.: L-2/U-269/97; LSG Baden-Württemberg in Breithaupt 1973, S. 761, 762).
Nachdem der Kläger im Verwaltungsverfahren jedoch sinngemäß beantragte, die Augenbeschwerden und Ohrgeräusche als Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. August 1962 anzuerkennen, hätte das Sozialgericht ihn oder seinen Prozessbevollmächtigten nach § 106 Abs. 1 SGG auf die Stellung des richtigen Antrags hinweisen müssen. Im Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass der Kläger einen korrekten Antrag i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG stellen will.
Ein Arbeitsunfall l...