Leitsatz (amtlich)

Bei Bestehen einer Ausschlußfrist zur Nachentrichtung von Beiträgen nach den RV-Neuregelungsgesetzen ist der Versicherte trotz bereits vorgenommener Nachentrichtung berechtigt, noch innerhalb der Ausschlußfrist die Nachentrichtung in höheren Beitragsklassen durchzuführen.

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 03.03.1977; Aktenzeichen S 14 A 27/76)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.03.1979; Aktenzeichen 12 RK 5/78)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Speyer, Zweigstelle Mainz, vom 3. März 1977 und der Bescheid der Beklagten vom 13. November 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1976 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die vom Kläger nach dessen Antrag vom 8. September 1975 für die Zeit von November 1960 bis Dezember 1973 begehrte Beitragsnachentrichtung uneingeschränkt zuzulassen.

3. Die Beklagte hat die dem Kläger in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zulassung einer weiteren Nachentrichtung von Beiträgen. Er ist seit 1960 selbständiger Metzgermeister. Vorher war er zunächst in der Arbeiterrentenversicherung und dann in der Angestelltenversicherung rentenversichert. Im Dezember 1974 beantragte er die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen für 1970 bis 1973 in der Klasse 800 mit einem Monatsbeitrag von 144,– DM. Durch Bescheid vom 15. April 1975 bewilligte die Beklagte die begehrte Nachentrichtung zum Gesamtbetrag von 6.912,– DM, und zwar für 1970/71 nach Artikel 2 § 49 a Abs. 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) und für 1972/73 nach § 140 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG).

Am 8. September 1975 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm für 1970 bis 1973 eine höhere Nachentrichtung in den Beitragsklassen 1800, 2000 und 2200 und zusätzlich für 1960 bis 1969 eine Nachentrichtung in den Beitragsklassen 800, 1000, 1200, 1400 und 1600 zum Gesamtbetrag von 40.176,– DM zu gestatten. Durch Bescheid vom 13. November 1975 hat die Beklagte eine höhere Nachentrichtung für 1970 bis 1973 abgelehnt und die Nachentrichtung für November 1960 bis einschließlich Dezember 1969 nach Artikel 2 § 49 a Abs. 2 AnVNG in der vom Kläger bereits für 1970 bis 1973 gewählten Beitragsklasse 800 bewilligt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Eine Aufstockung bereits entrichteter Beiträge sei nicht zulässig. Da nach Artikel 2 § 49 a Abs. 2 AnVNG ein Beitrag für einen Monat nicht höher sein dürfe als der geringste Beitrag für einen späteren Monat, sei die Nachentrichtung für die Zeit vor 1970 nur in der Beitragsklasse 800 zulässig. Den Widerspruch des Klägers hat die Widerspruchsstelle der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 1976 mit der gleichen Begründung zurückgewiesen.

Mit der am 19. März 1976 zum Sozialgericht Speyer, Zweigstelle Mainz, erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Es sei rechtlich zulässig, noch innerhalb der nach Artikel 2 § 49 a Abs. 3 AnVNG bestimmten Frist bis zum 31. Dezember 1975 einen weiteren Antrag auf Beitragsnachentrichtung zu steilen. Für die Zeit von 1970 bis 1973 handele es sich um keine Aufstockung der schon entrichteten Beiträge, sondern um ein völlig neues Nachentrichtungsangebot. Den neuen Antrag habe er zudem noch innerhalb der Widerspruchsfrist nach dem Bescheid vom 15. April 1975 gestellt.

Die Beklagte hat an ihrer Ansicht festgehalten und dafür auf in der Zeitschrift „Die Angestelltenversicherung” 1968 Seite 67 und 1973 Seite 269 veröffentlichte Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) verwiesen.

Durch Urteil vom 3. März 1977 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich auf die zur Frage der nachträglichen Erhöhung bereits nachentrichteter freiwilliger Beiträge bestehende Rechtsprechung des BSG gestützt und auch den vom Kläger angeführten Grund, noch innerhalb der Widerspruchsfrist nach dem Bescheid vom 15. April 1975 den neuen Nachentrichtungsantrag gestellt zu haben, nicht anerkannt, da die Beklagte die erste Nachentrichtung antragsgemäß und somit ohne jegliche Beschwer des Klägers zugelassen habe.

Das Urteil ist dem Kläger am 25. März 1977 zugestellt worden. Am 12. April 1977 hat er die Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und meint: Es müsse einem Versicherten freigestellt sein, innerhalb einer gesetzlichen Ausschlußfrist, wie sie in Artikel 2 § 49 a Abs. 3 AnVNG enthalten sei, einen Antrag zurückzuziehen und einen neuen Antrag zu stellen. Mit einem solchen Fall habe sich das BSG bisher noch nicht befaßt. Deshalb seien die vom Sozialgericht angeführten BSG-Urteile auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer, Zweigstelle Mainz, vom 3. März 1977 und den Bescheid der Beklagten vom 13. November 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Nachentrichtung von Beiträgen nach seinem Antrag vom 8...

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