Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 17.12.1986; Aktenzeichen S 1 A 171/86)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 17. Dezember 1986 abgeändert, die Klagen werden abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Streit geht um die Frage, ob der Rentenversicherungsträger nachträglich Krankenversicherungsbeiträge von der Rente einbehalten kann.

Die Kläger beziehen Hinterbliebenenrenten nach dem verstorbenen G. B.. Die Beklagte unterließ es zu nächst, ihnen Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner abzuziehen. In der Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum 31. Oktober 1985 lief damit ein Beitragsrückstand von 632,20 DM bei der Klägerin und von 153,60 DM beim Kläger auf. Ihn forderte die Beklagte mit Bescheiden vom 11. September 1985 nach.

Dagegen erhob die Klägerin am 25. September 1985, auch im Namen ihres Sohnes, Widerspruch. Sie sah in den Beiträgen keine Schuld gegenüber der Krankenversicherung, sondern eine Rückforderung überzahlter Rente. Die Beklagte wies den Widerspruch am 30. Juni 1986 zurück. Die Kläger seien dem in den Erläuterungen über die Anpassung nach den Rentenanpassungsgesetzen ab 1. Juli 1983 enthaltenen Hinweis nicht nachgekommen, wonach sie eine bestehende Krankenversicherungspflicht mitzuteilen hatten, falls Krankenversicherungsbeiträge bisher nicht einbehalten wurden. Dabei hätten sie den Rentenanpassungsmitteilungen ohne weiteres entnehmen können, daß ihnen keine Krankenversicherungsbeiträge abgezogen worden waren. Ihnen sei auch das Bestehen der Krankenversicherungspflicht bekannt gewesen. Der Anspruch folge aus § 50 in Verbindung mit § 48 SGB X.

Dagegen richtete sich die von der Klägerin erkennbar ebenfalls in ihrem eigenen und im Namen ihres Sohnes erhobene Klage. Das Sozialgericht, das nur die Klägerin im Rubrum berücksichtigte, hob die Bescheide vom 11. September 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheides auf. Zur Begründung führte es aus, § 50 SGB X setze die Aufhebung eines Verwaltungsaktes voraus. Der Rentenbewilligungsbescheid könne aber nach § 48 SGB X nur rückwirkend aufgehoben werden, wenn die Betroffene einer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei. Das könne aber der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Sie habe nicht erkennen können, daß ihr zuviel an Rente gewährt worden sei.

Die Beklagte hat dagegen am 8. Januar 1986 Berufung eingelegt. Sie meint, ihr Anspruch folge aus § 393 a Abs. 1 RVO. Im Gegensatz zu § 395 Abs. 2 RVO begrenze das Gesetz die rückwirkende Einbehaltung nicht. Dazu verweist sie auf die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18. November 1986 – Az. L 18 An 181/86 –.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 17. Dezember 1986 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Im übrigen wird auf die Akten des Senats L 5 A 2/87 und der Beklagten … verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, da es sich nicht um eine Streitigkeit wegen Rückerstattung von Leistungen handelt. Streitgegenstand ist hier die Verpflichtung zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen v. 18. November 1986, L 18 An 181/86), die die Rentner nach § 393 a Abs. 1 RVO schulden.

Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist formell und sachlich zu beanstanden.

Es behandelt die von der Klägerin im Namen ihres Sohnes erhobene Klage weder im Rubrum noch im Tatbestand als solche. Gleichwohl hat es aber auch den Bescheid gegenüber dem Sohn aufgehoben. Der formelle Mangel kann zwar im Wege der Berichtigung des Rubrums durch den Senat beseitigt werden. Weil das Sozialgericht erweislich des Urteilstenors beide Bescheide vom 11. September 1985 aufgehoben hat, hat es nicht nur über die eigene Klage der Klägerin, sondern zugleich über die von ihr als gesetzlicher Vertreterin im Namen ihres Sohnes erhobene Klage entschieden. Soweit dies im Rubrum und Tatbestand nicht zum Ausdruck kommt, handelt es sich nur um eine sachlich unwesentliche Ungenauigkeit.

Das Urteil konnte indessen keinen Bestand haben, weil es auch mit dem materiellen Recht unvereinbar ist. Die von der Beklagten durch die Bescheide geregelte Einbehaltung von Rententeilen ist nach § 393 a Abs. 1 RVO begründet. Einer Aufhebung der Rentenbescheide bedurfte es dafür nicht. Die Rentenbescheide regeln nur die Berechnung und die Hohe der Bruttorente, nicht die Höhe der sich nach Abzug von Beiträgen und sonstigen Abgaben ergebenden Nettorenten. Für die abweichende Auffassung des Sozialgerichts gibt es keine Grundlage. Die Mitteilungen über die Rentenanpassung regeln ebenfalls, wenn überhaupt, nur die Anpassung des Bruttobetrages, nicht die Tatsache, ob von der angepaßten Rente Beiträge zu leisten sind und in welcher Höhe sie zu leisten sind. Das folgt nicht zuletzt aus den beigegebenen Hinweisen.

Die Beklagte hat zwar einen Anspruch auf Rückforderung nach § 50 Abs. 2 SGB X geltend gemacht. Eine Ü...

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