Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitgliedschaft eines Berufslehrgangsteilnehmers bei einer Angestellten-Ersatzkasse, wenn er eine Beschäftigung als Arbeiter antritt

 

Leitsatz (amtlich)

Der Teilnehmer an einem Berufslehrgang, der freiwilliges Mitglied einer Angestellten-Ersatzkasse geworden ist, kann bei dieser nicht seine Pflichtversicherung durchführen, wenn er anschließend eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeiter aufnimmt.

 

Orientierungssatz

Eine durch eigene freiwillige Beitragsleistung erworbene schützenswerte Rechtsstellung rechtfertigt nicht generell die Fortsetzung der Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 29.11.1978; Aktenzeichen S 2 K 29/78)

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29. November 1978 wird zurückgewiesen. Das Urteil des Sozialgerichts wird zu Nr. 1 neu gefaßt: Es wird festgestellt, daß der Beigeladene zu 1) vom 1. Oktober 1977 bis zum 30. April 1978 Pflichtmitglied der Klägerin war.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten auch im Berufungsverfahren einander nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der im … 1953 geborene Beigeladene zu 1) trat nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr, die ihm freie Heilfürsorge gewährt hatte, mit Wirkung vom 1. April 1977 bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied bei. Er absolvierte damals vom 1. März 1977 bis zum 27. Mai 1977 einen Berufslehrgang für Fahrlehrer und Verkehrserzieher. Am 1. Oktober 1977 nahm er eine arbeiterrentenversicherungspflichtige Beschäftigung als Funkmietwagenfahrer bei der Beigeladenen zu 2) auf, die ihn bei der Klägerin als Pflichtmitglied anmelden wollte, die Anmeldung jedoch aufgrund einer Befreiungsbescheinigung der Beklagten unterließ. Laut Veränderungsanzeige vom 3. Mai 1978 übt der Beigeladene zu 1) ab 1. Mai 1978 die Tätigkeit eines Versicherungsangestellten aus.

Kurz vorher hat die Klägerin mit Eingang beim Sozialgericht (SG) Koblenz am 12. April 1978 Klage erhoben auf Feststellung, daß der Beigeladene zu 1) ab 1. Oktober 1977 ihr Pflichtmitglied gewesen ist. Sie hat die Ansicht vertreten: Der nicht unter den beitrittsberechtigten Personenkreis der Beklagten fallende Beigeladene zu 1) habe seine als Schüler erworbene Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht unter Befreiung von der Mitgliedschaft bei ihr als der zuständigen Pflichtkasse fortsetzen können. Nur versicherungspflichtige Mitglieder der Beklagten, die ihre Eigenschaft als Angestellte verlören, könnten dieser weiterhin angehören.

Demgegenüber hat sich die Beklagte auf den Standpunkt gestellt: Dem Beigeladenen zu 1) stehe das Recht zu, seiner Versicherungspflicht bei der Krankenkasse seiner Wahl zu genügen. Er habe die Mitgliedschaft bei ihr kraft eigenen Entschlusses rechtmäßig erworben. Außerdem habe er durch eigene Beitragsleistung eine schützenswerte Rechtsstellung erlangt.

Der Beigeladene zu 1) hat mitgeteilt: Er sei der Beklagten beigetreten, weil dies für ihn günstiger gewesen sei. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) sei nur als vorübergehende Beschäftigung gedacht gewesen. Als Versicherungsangestellter wolle er bei der Beklagten versichert bleiben.

Durch Urteil vom 29. November 1978 hat das SG Koblenz festgestellt, daß der Beigeladene zu 1) ab 1. Oktober 1977 Pflichtmitglied der Klägerin geworden ist. In den Entscheidungsgründen hat es dargelegt: Der Beigeladene zu 1) sei aufgrund seiner als Schüler begründeten Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht berechtigt, dieser für alle Zukunft anzugehören. Die Ausnahmeregelung, daß ein Pflichtversicherter trotz Verlusts seiner Angestellteneigenschaft weiterhin Mitglied seiner bisherigen Ersatzkasse bleiben könne, sei nicht auf andere Fälle auszudehnen.

Gegen dieses ihr am 12. Dezember 1978 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in. Mainz am 9. Januar 1979 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor:

Der von der Klägerin und des SG vertretenen Auffassung könne nicht gefolgt werden. Die besonderen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse müßten nur bei der Neuaufnahme vorliegen. Eine einmal wirksam zustande gekommene Mitgliedschaft sei jedoch nach dem Grundsatz der Kontinuität der Versicherung fortzusetzen. Jedenfalls könne der Gesetzgeber eine die berechtigten Interessen der Ersatzkasse und deren Mitglieder unberücksichtigt lassende Regelung, die den zwangsweisen übertritt in die gesetzliche Krankenkasse verlange, nicht gewollt haben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Koblenz vom 29. November 1978 aufzuheben und festzustellen, daß der Beigeladene zu 1) bereits in der Zeit vom 1. Oktober 1977 bis zum 30. April 1978 unter Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Klägerin ihr Pflichtmitglied war.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist ergänzend auf das Prinzip der gesetzlichen Mitgliederzuweisung. Der Beigeladene zu 1) meint: Es habe kein Grund bestanden, ab 1. ...

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