Leitsatz (amtlich)

Ein bei der Angestellten-Ersatzkasse versicherter Student wird in allen Fällen, in denen er eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Arbeiter aufnimmt, aufgrund dieser Tätigkeit Mitglied der zuständigen Pflichtkasse (AOK), ohne die Möglichkeit zu haben, sich von dieser Mitgliedschaft befreien zu lassen und die Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse fortzusetzen.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 29.11.1978; Aktenzeichen S 2 K 30/78)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29. November 1978 wird zurückgewiesen.

2. Das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29. November 1978 wird neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Oktober 1976 bis zum 28. Februar 1977 Pflichtmitglied der Klägerin war.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten Krankenkassen streiten darüber, welche von ihnen für die Versicherung des Beigeladenen zu 1) – Versicherter – in der Zeit vom 1. Oktober 1976 bis zum 28. Februar 1977 zuständig war.

Der Versicherte war ab 1. Juli 1972 bei der Beklagten zunächst freiwillig versichert. Er studierte und arbeitete nebenher durchschnittlich 20 Stunden Wöchentlich als Angestellter. Nach Einführung der Versicherungspflicht ab 1. Oktober 1975 aufgrund des Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) setzte er die Mitgliedschaft bei der Beklagten ab diesem Zeitpunkt als Versicherungspflichtiger fort. Am 1. Januar 1976 nahm er eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeiter bei der Beigeladenen zu 2) auf, die ihn bei der Klägerin anmeldete. Diese Erwerbstätigkeit endete am 28. Februar 1977. Anschließend war der Versicherte bis 31. Dezember 1978 aufgrund einer Angestelltentätigkeit, ab 1. Januar 1979 ist er wieder als Student versicherungspflichtig und weiterhin Mitglied bei der Beklagten.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1976 hatte die Beklagte dem Versicherten eine Bescheinigung nach §§ 517, 518 RVO über die Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Klägerin ausgestellt. Die Klägerin leugnete die Rechtswirksamkeit dieser Bescheinigung und verwies dabei auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. Juli 1976 – 2 RK 20/75 –.

Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht: Nach § 4 Abs. 1 Satz 4 der 12. Aufbauverordnung in der Fassung des § 15 des Änderungsgesetzes vom 13. August 1952 konnten nur versicherungspflichtige Mitglieder, die ihre Eigenschaft als Angestellte verlören, ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten fortsetzen Diese Voraussetzungen habe der Versicherte nicht erfüllt. Er habe der Beklagten als Student, nicht dagegen als Angestellter angehört. Als Arbeiter habe er nicht zum satzungsmäßigen aufnahmeberechtigten Mitgliederkreis der Beklagten gehört.

Die Beklagte hat dagegen angeführt: Sie habe den Versicherten als Angestellten aufgenommen. Eine Mitgliedschaft als Student sei nach ihrer 1972 geltenden Satzung nicht möglich gewesen. Wegen der Hochschulausbildung habe zwar keine Versicherungspflicht bestanden, der Versicherte habe aber aufgrund seiner Angestelltentätigkeit zum versicherungeberechtigten Personenkreis gehörte Vor Aufnahme seiner Arbeitertätigkeit sei er schließlich versicherungspflichtig gewesen. Durch die jahrelange eigene Beitragsleistung habe der Versicherte eine schützenswerte Rechtsstellung erlangt, die nach dem angeführten BSG-Urteil die Fortsetzung der Mitgliedschaft bei ihr rechtfertige.

Durch Urteil vom 29. November 1978 hat das Sozialgericht Koblenz festgestellt, daß der Versicherte ab 1. Oktober 1976 Pflichtmitglied der Klägerin war. Das Sozialgericht ist der Ansicht, die Mitgliedschaft bei der Beklagten habe während der arbeiterrentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht fortgesetzt werden können, weil der Versicherte eine Angestelltentätigkeit nicht aufgegeben habe und bei der Beklagten nicht als Angestellter versicherungspflichtig gewesen sei.

Das Urteil wurde der Beklagten am 15. Dezember 1978 zugestellt. Am 10. Januar 1979 hat sie die Berufung eingelegt.

Sie trägt ergänzend vor:

Als Student habe der Versicherte einem versicherungspflichtigen Angestellten gleichgestanden, da sie als Ersatzkasse für Angestellte Studenten aufnehmen dürfe. Jedenfalls sei § 4 Abs. 1 Satz 4 der 12. Aufbauverordnung durch die Entwicklung überholt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29. November 1978 aufzuheben und festzustellen, daß der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Oktober 1976 bis zum 28. Februar 1977 unter Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Klägerin Pflichtmitglied der Beklagten war,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29. November 1978 abzuändern und festzustellen, daß der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. Oktober 1976 bis zum 28. Februar 1977 Pflichtmitglied der Klägerin war,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffende.

Wegen weiterer Einzelheiten d...

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