Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzinsung von nachgezahlten Versorgungsleistungen bei gesetzlicher Leistungserhöhung
Leitsatz (amtlich)
Leistungen, die aufgrund gesetzlicher Anpassung im Versorgungsrecht erhöht werden, sind nach § 44 Abs 2 Alt 1 SGB 1 nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach der Erhöhung zu verzinsen, falls die erhöhten Leistungen bis dahin nicht an den Versorgungsberechtigten ausgezahlt wurden. Falls der Versorgungsberechtigte keinen ausdrücklichen Antrag auf die Erhöhung gestellt hatte, ist dies unschädlich, wenn er einen Leistungsantrag zu Beginn der Versorgung nach dem BVG bzw den davor geltenden Bestimmungen gestellt hat. Ein Leistungsantrag ist nach Lage der Dinge als auf alle in Betracht kommenden Leistungen gerichtet auszulegen und umfaßt auch alle zukünftigen gesetzlichen Erhöhungen.
Orientierungssatz
Aufgrund einer von der Versorgungsverwaltung von Amts wegen zu beachtenden Leistungserhöhung entstandene Nachzahlungsbeträge sind gemäß § 44 SGB 1 zu verzinsen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verzinsung von nachgezahlten Versorgungsleistungen.
Der 1920 geborene Kläger bezieht seit 1946 vom Beklagten Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH sowie weitere Leistungen.
Mit Bescheid vom 16.12.1991 berechnete das Versorgungsamt K die dem Kläger gezahlten Leistungen neu entsprechend dem 19. und 20. KOV-AnpG 1990 und 1991 ab 01.07.1990 und 01.07.1991. Aufgrund der Neuberechnung ergab sich für den Kläger eine Nachzahlung von insgesamt 22.509 DM. Die Berechnung erfolgte erst zu diesem Zeitpunkt, weil die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten wegen mehrerer anhängiger Rechtsstreite versandt waren.
Einen Antrag des Klägers auf Verzinsung des Nachzahlungsbetrages lehnte der Beklagte im Bescheid 15.01.1992 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zinsen gemäß § 44 SGB I zu. Denn die Neufeststellung sei von Amts wegen vorzunehmen gewesen. Deshalb sei nach § 44 Abs 2 zweite Alternative SGB I eine Verzinsung frühestens nach Ablauf eines Monats nach der Bekanntgabe der Entscheidung und damit ab 01.02.1992 möglich. Zu diesem Zeitpunkt sei der Nachzahlungsbetrag aber bereits dem Konto des Klägers gutgeschrieben gewesen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, die erhöhten Versorgungsbezüge seien jeweils ab dem 01.07.1990 bzw. 01.07.1991 fällig gewesen. Wenn der Beklagte die Anpassung erst 19 Monate später vornehme, könne dies nicht zu seinen Lasten gehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.1992 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Koblenz hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte habe mehrere Jahre lang die jeweils zum 1.7. des Jahres fälligen Erhöhungen nicht gezahlt, obwohl er hierzu fristgemäß verpflichtet gewesen sei. Eine Schonregel, wonach der Versorgungsbehörde längere Zahlungsfristen eingeräumt seien, bestehe nicht.
Mit Urteil vom 16.12.1992 hat das Sozialgericht Koblenz die angefochtenen Bescheide teilweise aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger 4 % Zinsen aus den aufgelaufenen Leistungen, die sich aus der Differenz zwischen den gezahlten Versorgungsbezügen und denen, auf die der Kläger gemäß dem 19. KOV- AnpG 1990 Anspruch habe, ab 01.01.1991 bis einschließlich November 1991 zu verzinsen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe nach § 44 Abs 1 SGB I ab 01.01.1991 ein Anspruch auf Verzinsung zu. Zu verzinsen seien die aufgelaufenen Leistungen, die sich aus der Differenz zwischen den tatsächlich gezahlten Versorgungsbezügen und denen, auf die der Kläger nach dem 19. KOV-AnpG Anspruch habe, ergäben. Der Zinsanspruch beginne in entsprechender Anwendung des § 44 Abs 2 1. Alternative SGB I nach Ablauf von sechs Monaten seit Eintritt der jeweiligen Fälligkeit. Die sich aus dem 19. KOV-AnpG 1990 ergebenden Ansprüche auf erhöhte Versorgungsbezüge entstünden und seien fällig geworden zu dem im Gesetz bestimmten Inkrafttreten der Regelung zum 01.07.1990. Zu diesem Zeitpunkt lagen die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen vor. Einer Antragstellung des Beschädigten auf erhöhte Versorgung habe es nicht bedurft. Mit der Fälligkeit bestehe grundsätzlich die Verzinsungspflicht nach § 44 SGB I. Die Verzinsung habe unter entsprechender Anwendung des § 44 Abs 2 1. Alternative SGB 1 nach Ablauf von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Rechtsänderung zu beginnen. Die auf das ab 01.07.1991 inkrafttretende 20. KOV-AnpG 1991 zurückgehenden Zahlungen seien demgemäß nicht zu verzinsen, weil eine Verzinsungspflicht erst ab 01.01.1992 bestünde und dem Kläger im Januar 1992 die Zahlung zugegangen gewesen sei. Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Am 05.02.1993 hat der Beklagte gegen das ihm am 29.01.1993 zugestellte...