Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Klagebefugnis der Augenoptiker und deren Innungen gegen Zulassung von Augenärzten zur Anpassung und Abgabe von Kontaktlinsen
Leitsatz (amtlich)
Gegen die Zulassung von Augenärzten zur Anpassung und Abgabe von Kontaktlinsen steht konkurrierenden Augenoptikern und deren Innung kein eigenes Klagerecht zu.
Orientierungssatz
Die Krankenkassen sind berechtigt, Verträge mit den Augenärzten als Leistungserbringer für die Anpassung und Abgabe von Kontaktlinsen abzuschließen.
Tatbestand
Die drei klagenden Augenoptiker sind Mitglied der ebenfalls klagenden Augenoptiker-Innung und nach §§ 126, 127 SGB V zur Anpassung und Abgabe von Kontaktlinsen zugelassen. Die für ganz Rheinland-Pfalz zuständige und somit zugleich als Landesverband im Sinne von § 127 SGB V handelnde beklagte Krankenkasse hat auch bestimmte vertragsärztlich tätige Augenärzte im Innungsbereich der Kläger zur Anpassung und Abgabe von Kontaktlinsen zugelassen, denen sie die vereinbarten Vergütungen sowie den Versicherten die gesetzlich vorgesehenen Zuschüsse für nicht zwingend erforderliche Kontaktlinsen (§ 33 Abs 3 Satz 3 SGB V) zahlt.
Die Kläger halten die Beklagte zu dieser Verwaltungspraxis nicht für berechtigt und begehren eine entsprechende gerichtliche Feststellung.
Sie meinen, nach dem Berufsrecht des Augenoptikerhandwerks stünden die Auswahl, Bearbeitung und Abgabe von Kontaktlinsen - wie der vorgelegten Verordnung über das Berufsbild und die Prüfungsanforderungen in der Meisterprüfung vom 9.8.1976 eindeutig zu entnehmen sei - ausschließlich den Augenoptikern und somit nicht auch den Augenärzten zu. Diese dürften Kontaktlinsen nur verordnen, nicht hingegen auch einkaufen, anpassen und bearbeiten sowie verkaufen. Sie verfügten nämlich schon überhaupt nicht über die notwendigen handwerklichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Mit der gewerblichen entgeltlichen Abgabe verstießen sie vor allem gegen ärztliches Standesrecht und auch gegen Wettbewerbsrecht (§ 1 UWG), zumal ihre Abgabepreise günstiger seien, weil bei ihnen ganz andere wirtschaftliche Bedingungen als bei den Optikern vorlägen. Schließlich verbiete ihnen die Zuständigkeitsabgrenzung innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversorgung die Abgabe von Kontaktlinsen.
Von diesen Unterschieden und Abgrenzungen sei der Gesetzgeber bei den Regelungen in §§ 126, 127 SGB V ausgegangen. Sie müßten deshalb auch von der Beklagten berücksichtigt werden. Folglich seien die zugelassenen Optiker von der abweichenden Zulassungspraxis der Beklagten betroffen und müßten sich dagegen wehren können.
Die Beklagte und die Beigeladenen leugnen ein solches Abwehrrecht der Kläger, weil diese nicht in eigenen Rechten oder in eigenen rechtlich geschützten Interessen verletzt und damit nicht im Sinne von § 54 Abs 1 Satz 2 SGG beschwert seien, so daß die Klage mangels Klagebefugnis schon unzulässig sei.
Durch Urteil vom 24.4.1995 hat das Sozialgericht Mainz die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat sich der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen angeschlossen. Die Regelungen in §§ 126, 127 SGB V enthielten keine Schutzrechte zu Gunsten bestimmter Leistungserbringer. Demnach werde die Rechtssphäre der Kläger durch die Zulassung von Augenärzten zur Abgabe von Kontaktlinsen nicht berührt. Daher fehle es an der für die Klagebefugnis erforderlichen Beschwer der Kläger nach § 54 Abs 1 Satz 2 SGG. Das gelte genauso für die Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, bei der die gleichen Zulässigkeitsanforderungen erfüllt sein müßten.
Gegen das am 2.6.1995 zugestellte Urteil haben die Kläger am 9.6.1995 die Berufung eingelegt. Sie halten an ihrer Meinung fest, daß ihnen ein Klagerecht zusteht. Das sei eindeutig dem inzwischen ergangenen Vorlagebeschluß des Bundessozialgerichts vom 14.6.1995 - 3 RK 20/94 - zu entnehmen. Dort sei die Aktivlegitimation eines Pharmaherstellers für eine Klage gegen die Festsetzung von Festbeträgen bei bestimmten Arzneimitteln ausdrücklich bejaht worden. Das Bundessozialgericht habe eine solche Festsetzung als einen Verstoß gegen die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte freie Berufsausübung angesehen und deshalb diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Um vergleichbare unzulässige Eingriffe zum Nachteil zugelassener Augenoptiker handele es sich bei den Zulassungen von Augenärzten zur Abgabe von Kontaktlinsen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz aufzuheben und festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, Augenärzte zur Anpassung und Abgabe von Kontaktlinsen nach § 126 SGB V zuzulassen sowie dafür an sie Vergütungen und an Versicherte Zuschüsse zu zahlen.
Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Aus dem genannten Beschluß des Bundessozialgerichts könnten die Kläger keine eigene Klagebefugnis herleiten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozeßakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige ...