Leitsatz (amtlich)

Die nachträgliche gesetzliche Begrenzung des Wertes der Ausbildungs-Ausfallzeiten auf höchstens 8,33 für jeden Kalendermonat ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

 

Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 03.05.1979; Aktenzeichen S 6 A 88/78)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.02.1982; Aktenzeichen 1 RA 111/79)

BSG (Vorlegungsbeschluss vom 23.04.1981; Aktenzeichen 1 RA 111/79)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 3. Mai 1979 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesänderung (§ 32 a Nr. 1 AVG) und in diesem Zusammenhang um die Höhe der Rente des Klägers.

Durch Bescheid vom 20. August 1976 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 1. Mai 1976 die Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die 94 Monate Ausbildungs-Ausfallzeit (Schule und Universitätsstudium) berücksichtigte die Beklagte aufgrund des Monatsdurchschnitts der Beitragsleistungen mit einem Wert von 13,71. Durch Bescheid vom 28. März 1978 wandelte die Beklagte auf Antrag des – am … 1916 geborenen – Klägers diese Rente ab 1. Februar 1978 in das Altersruhegeld wegen Vollendung des 62. Lebensjahres um. Die Ausbildungs-Ausfallzeiten begrenzte die Beklagte auf den Höchstwert 8,33 nach § 32 a Nr. 1 AVG in der ab 1. Januar 1978 aufgrund des 20. Rentenanpassungsgesetzes geltenden geänderten Fassung. Im anschließenden Widerspruchsverfahren geltend gemachte weitere Pflichtbeiträge rechnete die Beklagte aufgrund des insoweit stattgebenden Widerspruchsbescheids vom 5. September 1978 im Neufeststellungsbescheid vom 7. November 1978 zusätzlich an. Soweit der Kläger eine Neuberechnung nach dem früheren Wert der Ausbildungs-Ausfallzeiten von 13,71 verlangte, wurde sein Widerspruch durch den Bescheid vom 5. September 1978 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Die nachträgliche Beschränkung des Wertes der Ausbildungs-Ausfallzeiten durch das 20. Rentenanpassungsgesetz sei verfassungswidrig. Er sehe darin einen groben Vertrauensbruch und fühle sich betrogen und verschaukelt. Es handele sich um eine rechtswidrige Enteignung sowie überhaupt um einen Willkürakt.

Das Sozialgericht Mainz hat die Klage durch Urteil vom 3. Mai 1979 abgewiesen. Es hat im einzelnen festgestellt und begründet, daß die Rentenberechnung aufgrund des am 26. Januar 1978 eingetretenen neuen Versicherungsfalles rechtmäßig ist und daß die durch das 20. Rentenanpassungsgesetz eingeführte Wertbegrenzung der Ausbildungs-Ausfallzeiten für den Kläger keine rückwirkende Schlechterstellung darstellt und auch nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz verstößt.

Das Urteil wurde dem Kläger am 23. Mai 1979 zugestellt. Am 8. Juni 1979 hat er die Berufung eingelegt.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 3. Mai 1979 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. März 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 1978 und den Neufeststellungsbescheid vom 7. November 1978 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, das Altersruhegeld nach dem früheren Wert 13,71 für die Ausbildungs-Ausfallzeiten und einer entsprechend höheren persönlichen Rentenbemessungsgrundlage neu zu berechnen,

hilfsweise,

die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorzulegen, ob die Begrenzung des Wertes der Ausbildungs-Ausfallzeiten (§ 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG) auf 8,33 in § 32 a Nr. 1 AVG gegen das Grundgesetz verstößt oder nicht.

Die Beklagte beantragt.

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten (Rentenakte Nr. … des Leistungsdezernats 4527) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf ein höheres Altersruhegeld. Das Sozialgericht hat ausführlich und zutreffend dargestellt, daß die Rentenberechnung den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Der Senat hat dem nichts hinzuzufügen. Das Sozialgericht hat auch zu Recht in der Änderung des § 32 a Nr. 1 AVG durch das 20. Rentenanpassungsgesetz (Wertbegrenzung der Ausbildungs-Ausfallzeiten) keinen Verfassungsverstoß gesehen. Es hat allgemein festgestellt, daß die gesetzliche Neuregelung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Die Begründung hat es allerdings auf Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (allgemeiner Gleichheitssatz) beschränkt. Die weitergehenden Rügen des Klägers sind aber ebenfalls unbegründet.

Der vom Kläger hervorgehobene Grundsatz der Gewährleistung des Eigentums nach Artikel 14 Grundgesetz ist nicht verletzt. Die beeinträchtigte Rechtsposition ist kein Eigentum im Sinne dieser Vorschrift. Die staatliche Gewährung überwiegt gegenüber der eigenen Leistung des Klägers und aller mit ihm ve...

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