Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 24.06.1987; Aktenzeichen S 10 U 168/86) |
Tenor
1. Das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24.6.1987 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Heilbehandlungskosten in Höhe von 19.625,01 DM zu ersetzen, die ihr aus Anlaß des Unfalls der Beigeladenen zu a) vom 8.3.1984 entstanden sind.
3. Der Beklagte hat der Beigeladenen zu a) die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu ersetzen, im übirgen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, wer zuständiger Sozialversicherungsträger ist für die Heilbehandlungskosten in Höhe von 19.625,01 DM, die der Klägerin aus Anlaß des Unfalls der Beigeladenen zu a) vom 8.3.1984 entstanden sind.
Am 8.3.1984 war die bei der Klägerin freiwillig versicherte Beigeladene zu a) unterwegs, um ausschließlich für die geh- und sehbehinderte 82-jährige G. J., R.str. … in A., Einkäufe zu tätigen. Beim Überqueren einer Straße wurde sie von einem Pkw angefahren und zog sich eine mediale Tibiakopffraktur und eine Ruptur des Innenbandes links zu.
Die Beigeladene zu a) hatte Frau J., die inzwischen verstorben ist, anläßlich einer ehrenamtlichen caritativen Sammlung in den Häusern der unteren und mittleren R.straße kennengelernt. Im Wechsel mit anderen Frauen hatte sie ihr häufig, meist einmal wöchentlich, für etwa zwei Stunden Gesellschaft geleistet, ihr vorgelesen und hin und wieder Einkäufe für sie erledigt.
Mit Schreiben vom 26.7.1984 zeigte die Klägerin dem Beklagten den Unfall der Beigeladenen zu a) an und meldete Ersatzansprüche an.
Nach einem Schriftwechsel, in dem sich weder der Beklagte noch die Beigeladene zu b) als zuständig erklärten für den Unfall, hat dir Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag, entweder den Beklagten oder die Beigeladene zu b) zur Kostenerstattung zu verurteilen.
Durch Urteil vom 24.6.1987 hat das Sozialgericht Koblenz die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Klägerin stehe weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber der Beigeladenen zu b) ein Erstattungsanspruch zu. Sie habe als sachlich zuständiger Leistungsträger Leistungen erbracht. Es habe sich nicht um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt. Das Kontakthalten mit Nachbarn sei, auch wenn es mit einer gewissen Regelmäßigkeit erfolge und eine gewisse Zeitdauer, hier etwa zwei Stunden jeweils in Anspruch nehme, nicht als arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis einzustufen. Das Tätigwerden der Beigeladenen zu a) erhalte sein Gepräge ausschließlich durch das nachbarschaftliche Verhältnis.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.7.1987 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor: Die Tätigkeit der Beigeladenen zu a) gehe über den Rahmen der nicht unter gesetzlichen Unfallversicherungsschutz stehenden geringfügigen Handreichungen und Gefälligkeiten aus Freundschafts-, Bekanntschafts- und Nachbarschaftsgründen weit hinaus.
Die Klägerin und die Beigeladene zu a) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24.6.1987 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Heilbehandlungskosten in Höhe von 19.625,01 DM zu ersetzen, die ihr aus Anlaß des Unfalls der Beigeladenen zu a) vom 8.3.1984 entstanden sind,
hilfsweise,
die Beigeladene zu b) zur Kostenerstattung zu verurteilen.
Der Beklagte und die Beigeladene zu b) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 RVO sei nicht gegeben. Das habe das Sozialgericht Koblenz zutreffend festgestellt.
Die Beigeladene zu b) führt aus: Sie sei nicht zuständiger Sozialversicherungsträger. Die Beigeladene zu a) sei keiner planmäßigen Wohlfahrtspflege und keinem Wohlfahrtsverband angeschlossen. Als nur gelegentlich und nicht als planmäßig wohltätig Handelnde übe sie keine Wohlfahrtspflege aus. Solche Tätigkeiten seien von der sogenannten unechten Unfallversicherung umfaßt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Prozeßakte und die Verwaltungsakte des Beklagten. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143 ff, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung hat Erfolg: Das Ereignis vom 8.3.1984 ist ein beim Beklagten versicherter Arbeitsunfall (§§ 547, 548 Reichsversicherungsordnung –RVO–), für den der Beklagte gemäß § 1504 Abs. 1 RVO einzustehen hat.
Gemäß § 1504 Abs. 1 RVO hat der Träger der Unfallversicherung dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Kosten mit Ausnahme des Sterbegeldes zu erstatten, die nach Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall entstehen, wenn eine Krankheit die Folge eines Arbeitsunfalls ist, den der Träger der Unfallversicherung zu entschädigen hat. Der Erstattungsanspruch kann gegenüber dem erstattungspflichtigen Träger wegen des fehlenden Über/Unterordnungsverhältnisses des Sozialleistungsträgers nicht durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden. Im Streitfall ist damit die Leistungsklage, wie hier erhoben, im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 54 Abs. 5 SGG durchzusetzen.
Das Sozial...