Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 11.05.1994; Aktenzeichen S 1 Ar 496/93)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.01.1997; Aktenzeichen 7 RAr 38/96)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 11.5.1994 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine berufliche Fortbildungsmaßnahme nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Der 1969 geborene Kläger hat den Beruf des Maschinenschlossers erlernt. Seit dem 1.8.1991 arbeitet er bei der Werkstatt für Behinderte M. als Gruppenleiter.

Im Mai 1993 beantragte er die Förderung einer Sonderpädagogischen Zusatzausbildung (SPZA) für Gruppenleiter durch den Caritasverband S.. Der Lehrgang finde berufsbegleitend vom 31.8.1993 bis Mai 1995 statt.

Mit Bescheid vom Juni 1993 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, nach einem Urteil des Sozialgerichts (SG) Koblenz vom 11.8.1992 (Az.: S 9 Ar 96/91) handele es sich bei der angestrebten Qualifikation um eine Bildungsmaßnahme, die im überwiegenden Interesse der jeweiligen Werkstatt für Behinderte liege. Eine Verlagerung der in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten auf die Arbeitsverwaltung könne daher nicht akzeptiert und Leistungen könnten nicht gewährt werden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.8.1993 zurückgewiesen.

Am 21.10.1993 stellte der Kläger einen Antrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) auf Erlaß eines Zugunstenbescheides. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 29.10.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.1993 abgelehnt.

Der Kläger nahm ab dem 31.8.1993 an der Bildungsmaßnahme bei der Behindertenhilfe Kühr teil, hierfür wurde er vom Arbeitgeber bei vollem Lohnausgleich freigestellt. Die Lehrgangsgebühren für die Maßnahme beliefen sich auf 3.900,– DM, außerdem entstanden eine Prüfungsgebühr in Höhe von 500,– DM sowie Fahrtkosten. Der Unterricht fand jeweils freitags statt, viermal in der zweijährigen Ausbildung wurde ein Blockunterricht von je einer Woche durchgeführt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11.5.1994 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlaß eines Zugunstenbescheides seien nicht erfüllt, weil die Beklagte zu Recht den Förderungsantrag des Klägers abgelehnt habe. Die Ablehnung finde ihre Rechtsgrundlage in § 43 Abs. 2 S 1 und S 2 AFG. Nach dieser Bestimmung werde die Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme im Sinne des § 43 Abs. 1 AFG nicht gefördert, wenn die Teilnahme des Antragstellers an der Maßnahme überwiegend im Interesse des Betriebes liege, dem er angehöre. Betrieb sei dabei jede Einrichtung, die Arbeitnehmer beschäftige. Die Teilnahme des Klägers an der SPZA liege überwiegend im Interesse der Werkstatt für Behinderte Montabaur. Die Teilnahme entspreche einem dringenden eigenen Bedarf seines Arbeitgebers. Die Werkstatt für Behinderte sei gesetzlich verpflichtet, Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich, zu denen auch die Gruppenleiter zählten, nur dann einzusetzen, wenn diese über eine Sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügten. Diese können zwar „in angemessener Zeit” nachgeholt werden, nach Ablauf der angemessenen Zeit müsse sie jedoch vorliegen. Sei die SPZA der Gruppenleiter und Fachkräfte nicht nachgewiesen, könne die Werkstatt für Behinderte ihren Betrieb nicht fortführen. Die Aufrechterhaltung des Betriebes auf Dauer mit jeweils kurzzeitig beschäftigten, nicht zusatzqualifizierten Gruppenleitern widerspreche dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Desweiteren sei das in dem Lehrgang vermittelte sonderpädagogische Wissen notwendigerweise speziell auf die besonderen Belange der Behindertenwerkstatt ausgerichtet. Ohne Belang sei dabei, daß diese Spezialkenntnisse auch außerhalb der Behindertenwerkstatt beispielsweise bei anderen Behindertenwerkstätten in gleichem Umfang nachgefragt würden. Ein weiterer Anhaltspunkt für das überwiegende betriebliche Interesse sei darin zu sehen, daß der Kläger zur Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme freizustellen sei. Gegenüber diesem durch mehrere gewichtige Anhaltspunkte untermauerten überwiegenden Interesse des Arbeitgebers trete das Interesse des Klägers an der Fortbildungsmaßnahme in den Hintergrund. Zwar nehme er hieran teil, um auf Dauer seinen Arbeitsplatz bei der Werkstatt für Behinderte zu erhalten. Bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung falle jedoch entscheidend ins Gewicht, daß § 43 Abs. 2 AFG eine Verlagerung der Kosten der beruflichen Fortbildung von der Wirtschaft auf die Beklagte soweit wie möglich verhindern wolle. Es komme auch nicht darauf an, wie die Beklagte ähnliche Fälle im Jahre 1984 beurteilt habe. Entscheidend sei vielmehr, ob die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Rechtsauffassung der Beklagten zutreffend sei. Schließlich könne sich der Kläger nicht mit Erfolg da...

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