Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. Bildung des Gesamt-GdB. Berücksichtigung von "kleineren" Behinderungen mit einen GdB von 20
Orientierungssatz
"Leichte" Behinderungen mit einem GdB von 20 führen in den meisten Fällen nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats und den Anhaltspunkten, daß eine kleinere Behinderung mit einem GdB von 20 bei der Bildung des Gesamt-GdB nur dann zu berücksichtigen ist, wenn sie sich auf eine andere Teil-Behinderung besonders nachhaltig, verstärkend, auswirkt. Unberücksichtigt bleiben kann eine solche Teil-Behinderung dann, wenn sich ihre Auswirkungen völlig oder zum größten Teil mit denen anderer Teil-Behinderungen überschneiden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG), insbesondere das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft.
Mit Bescheid vom 6.10.1995 stellte das Versorgungsamt L bei dem 1956 geborenen Kläger als Behinderung Schulterleiden links mit einem GdB von 20 fest. Die Feststellung beruhte auf einer gutachterlichen Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin D sowie einem Bescheid der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung vom 1.11.1985, in dem als Unfallfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH anerkannt worden waren: Erhebliche, zum Teil schmerzhafte Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit als Zustand nach knöchern verheilter eingestauchter Schulterblatthalsfraktur links.
Im Mai 1996 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag wegen Verschlimmerung seiner Beschwerden. Das Versorgungsamt L holte einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. B sowie eine gutachterliche Stellungnahme des Dr. E ein.
Mit Bescheid vom 20.06.1996 lehnte das Versorgungsamt den Neufeststellungsantrag des Klägers ab, da eine wesentliche Verschlimmerung nicht eingetreten sei. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger ein unfallchirurgisches Gutachten des Prof. D, Chirurgische Klinik der Universitätskliniken des S vor. Nach versorgungsärztlicher Beteiligung stellte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.1996 als Teil-Behinderungen mit einem GdB von nunmehr 30 fest:
1. Schulterleiden links,
2. Funktionsminderung linkes Bein mit Verkürzung um 2 cm.
Den weitergehenden Widerspruch des Klägers wies der Beklagte zurück.
Im hiergegen vor dem Sozialgericht Speyer durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichts der Hautärztin D sowie eines Gutachtens des Prof. D Chefarzt der Orthopädischen Abteilung am St. J-Krankenhaus, L
Der Sachverständige hat den Kläger im Januar 1997 untersucht und in seinem Gutachten abschließend ausgeführt, beim Kläger bestehe eine schmerzhafte Schulterbeweglichkeit links nach in Fehlstellung verheilter Schulterblatt-Halsfraktur, die eine aktive Abduktion lediglich bis 80Grad zulasse und einen GdB von 20 bedinge. Weiter beständen eine Beinverkürzung und Muskelminderung des linken Beines mit Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes (GdB 20), eine beginnende Gonarthrose links mit muskulär kompensierbarer leichtgradiger Instabilität (GdB 10), ein chronisch schmerzhaftes HWS-Syndrom (GdB 20), eine Coxarthrose mit Gesäßschmerz links (GdB 10) sowie eine großflächige Psoriasis vulgaris mit andauerndem ausgedehnten Befall der unteren Extremität (GdB 20). Der Kläger leide an einer Vielzahl von posttraumatischen Funktionseinschränkungen, insbesondere an der erheblich schmerzhaften Bewegungseinschränkung der linken Schulter und einer schmerzhaften HWS-Beweglichkeit. Zwei unmittelbar benachbarte Skelettabschnitte zeigten eine Funktionsminderung, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärkten. Daher sei im vorliegenden Fall ein GdB von 40 angemessen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich verpflichtet, die Behinderung wie folgt neu zu bezeichnen:
1. Schultergelenksleiden links nach in Fehlstellung verheilter
Schulterblatt-Halsfraktur und Halswirbelsäulen-Syndrom bei Zustand nach Dornfortsatzfraktur C7,
2. Lumbal- und Beinbeschwerden links mit Bewegungseinschränkung oberes
Sprunggelenk nach unter Verkürzung verheiltem Unterschenkel- und Tibiakopfbruch, Kniebeschwerden,
3. Psoriasis vulgaris.
Der Kläger hat das Teil-Anerkenntnis angenommen und der Beklagte es mit Bescheid vom 21.04.1998 ausgeführt.
Mit Urteil vom 25.02.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei zwar in den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 06.10.1995 zugrunde gelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten. Diesem Umstand habe der Beklagte im Widerspruchsbescheid sowie mit dem angenommenen Anerkenntnis aber dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass weitere Teil-Behinderungen festgestellt und der GdB auf 30 erhöht worden sei. Ein Anspruch auf eine Er...