Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Beitragszuschuss. Rückforderung. Anwendung der Sanktionsregelung des § 32 Abs 4 ALG
Leitsatz (amtlich)
Die Sanktionsregelung des § 32 Abs 4 S 1 Halbs 2 ALG greift nicht ein, wenn den Landwirt an der Nichtvorlage des maßgebenden Steuerbescheides kein Verschulden trifft (Anschluss an BSG vom 17.8.2000 - B 10 LW 8/00 R = BSGE 87, 76 = SozR 3-5868 § 32 Nr 4). Von einer solchen Fallgestaltung ist auszugehen, wenn dem Bescheidempfänger vom zuständigen Finanzamt erklärt worden war, er könne den Steuerbescheid vernichten.
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 15.09.1999; Aktenzeichen S 11 Lw 33/98) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 15.9.1999 abgeändert. Der Bescheid vom 17.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.7.1998 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte vom Kläger die Zahlung eines höheren Betrages als 252,– DM verlangt hat.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger zu Recht Beitragszuschussleistungen zurückgefordert hat.
Der 1951 geborene Kläger bewirtschaftet ein landwirtschaftliches Unternehmen. Mit Bescheiden vom 15.8.1995 und 15.5.1996 bewilligte ihm die Beklagte einen Beitragszuschuss. Bereits im Antragsformular hatte der Kläger eine vorgedruckte Erklärung unterschrieben, einen neuen Einkommensteuerbescheid unverzüglich, spätestens aber bis zum Ablauf des zweiten, auf das Datum des Bescheides folgenden Kalendermonats vorzulegen; ihm sei bekannt, dass bei Versäumung dieser Frist ein Beitragszuschuss nicht mehr gezahlt werden dürfe und bereits gezahlte Zuschüsse zurückgefordert werden müssten. In den Anlagen zu den genannten Bewilligungsbescheiden wurde ebenfalls auf die Pflicht zur umgehenden Vorlage eines neuen Einkommensteuerbescheides hingewiesen.
Während der Kläger den Steuerbescheid für 1995 vom 10.7.1997 der Beklagten nicht übersandte, legte er am 10.11.1997 den Änderungsbescheid für 1995 vom 15.9.1997 vor.
Mit Bescheid vom 17.11.1997 forderte die Beklagte den gezahlten Zuschuss in Höhe von 408,– DM zurück. Zur Begründung hieß es: Der Einkommensteuerbescheid hätte ihr, der Beklagten, spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorgelegt werden müssen; nach Ablauf dieser Frist ruhe die Leistung vom Beginn des Monats, in dem der Bescheid fristgerecht hätte vorgelegt werden können, bis zum Ablauf des Monats, in dem der Bescheid vorgelegt werde. Änderungen des Einkommens würden vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats berücksichtigt (§ 32 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte –ALG–). Der Kläger habe hiernach den Einkommensteuerbescheid vom 10.7.1997 spätestens am 30.9.1997 vorlegen müssen. Aufgrund der verspäteten Vorlage sei der Bescheid über die Bewilligung eines Beitragszuschusses vom 15.5.1996 teilweise aufzuheben und der gezahlte Zuschuss für die Zeit vom 1.9. bis 30.11.1997 in Höhe von insgesamt 408,– DM zurückzufordern.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor: Der Einkommensteuerbescheid vom 10.7.1997 sei nicht bindend geworden, da er unrichtig gewesen sei. Die Vorlage eines angefochtenen und unrichtigen Steuerbescheides könne nicht gefordert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.7.1998 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Darin führte die Beklagte ua an, nach § 32 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 ALG sei ein Steuerbescheid auch dann der Höhe des Beitragszuschusses zugrunde zu legen, wenn er vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen oder wenn er wegen Einlegung eines Rechtsmittels nicht bestandskräftig sei. Der Steuerbescheid vom 10.7.1997 hätte daher vom Kläger spätestens bis 30.9.1997 vorgelegt werden müssen.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Bei Erhalt des Steuerbescheides vom 10.7.1997 habe er festgestellt, dass die von ihm gegründete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht berücksichtigt worden sei und somit eine offensichtliche Unrichtigkeit vorgelegen habe. Daraufhin habe er sich sofort an das Finanzamt gewandt. Dieses habe ihm mitgeteilt, dass ihm umgehend ein neuer Steuerbescheid erteilt werde und er den alten vernichten könne. Bei Vorlage des offensichtlich unrichtigen Steuerbescheides hätte er sogar einen weit höheren Beitragszuschuss erhalten, als ihm zuvor gezahlt worden sei, was zu einer Erschleichung von ihm nicht zustehenden Leistungen geführt hätte.
Durch Urteil vom 15.9.1999 hat das SG den angefochtenen Bescheid aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen für das Ruhen des Beitragszuschusses und dessen Rückforderung lägen nicht vor. Eine Pflicht, einen Steuerbescheid vorzulegen, bestehe in der Regel nicht, wenn der Steuerbescheid offensich...