Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Wirksamkeit von Abtretungsbeschränkungen und -ausschlüssen in Abrechnungsordnungen Kassen(zahn)ärztlicher Vereinigungen. Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Sondergebühr. Berücksichtigung rückwirkender Rechtsänderungen

 

Orientierungssatz

1. Bei der Anfechtungsklage ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend. Wird allerdings während des gerichtlichen Verfahrens die einschlägige Rechtsnorm rückwirkend geändert, so ist die rückwirkende Rechtsänderung bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts zu berücksichtigen.

2. Zur Wirksamkeit von Abtretungsbeschränkungen und -ausschlüssen in Abrechnungsordnungen Kassen(zahn)ärztlicher Vereinigungen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2018; Aktenzeichen B 6 KA 39/17 R)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 25.2.2015 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Sondergebühr für das Quartal III/2012. Weiterhin begehrt der Kläger die Feststellung der Unzulässigkeit von Zahlungen der Beklagten an Pfändungsgläubiger.

Am 15.12.1992 hatte der Kläger alle Honorarforderungen gegen die Beklagte an seine frühere Ehefrau U S abgetreten. Am 12.09.2008 war über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Am 22.09.2008 hatte U S die Honorarforderungen des Klägers an den beigeladenen Vater des  Klägers H  S  abgetreten. In der Annahme der Unwirksamkeit dieser Abtretung hatte U S die Honorarforderungen am 25.08.2009 an den Kläger zurückabgetreten. Ab 01.04.2009 hatte die Gläubigerversammlung das Vermögen des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit freigegeben. Am 22.06.2011 hatte der Kläger seine Honorarforderungen an den Beigeladenen abgetreten.

Mit Vierteljahresabrechnung für das Quartal III/2012 vom 20.12.2012 setzte die Beklagte von den Honoraransprüchen des Klägers ua Zahlungen auf Grund von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen an das Finanzamt in Höhe von 9.382,97 € sowie an die Barmer GEK in Höhe von 477,36 €, eine Sondergebühr III/12 in Höhe von 314,45 €, ferner eine Forderung wegen einer Vertragsstrafe von 4 x 1.500,-- € sowie eine Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts (SG) Mainz (S 2 KA 144/09) vom 27.8.2012 in Höhe von 1.498,63 € (1.467,03 € nebst Zinsen) ab. Mit Teilabhilfebescheid vom 26.2.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Belastung des Honorarkontos mit der Vertragsstrafe werde aufgrund des Beschlusses des Senats vom 18.2.2013 (L 7 KA  4/13 B ER)vorläufig rückgängig gemacht und der betreffende Betrag ausgezahlt. Den gegen die übrigen Absetzungen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2013 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Den Zahlungen an das Finanzamt und die Barmer GEK stehe die zuvor am 22.06.2011 erfolgte Abtretung von Honoraransprüchen an den Beigeladenen nicht entgegen, denn nach § 8 Satz 2 der Abrechnungsordnung seien Abtretungen von Honorarforderungen gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung nur wirksam, wenn Abtretungsgläubiger ein Kreditinstitut sei. Im Übrigen sei sie (die Beklagte) auf Grund der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen als Drittschuldnerin zur Zahlung verpflichtet gewesen. Die Sondergebühr sei auf der Grundlage der als Anlage zu § 3 der Abrechnungsordnung erlassenen Sondergebührenordnung wegen des laufenden Insolvenzverfahrens und wegen der Pfändungen erhoben worden.

Hiergegen hat der Kläger am 23.05.2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Mainz erhoben und beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, das wegen der Sondergebühr einbehaltene Honorar für das Quartal III/2012 in Höhe von 314,45 € an ihn auszuzahlen, 2. festzustellen, dass die Beklagte ohne Rechtsgrund unter Missachtung der Abtretung in Globalzession Zahlungen an die Barmer BEK in Höhe von 477,36 € und an das Finanzamt in Höhe von 9.382,97 € geleistet hat, 3. sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm dem Grunde nach jeglichen Verzugsschaden, mindestens 1 % Zinsen zuzüglich 3 % Gebühren aus 314,45 € sowie aus der erhobenen Vertragsstrafe von 6.000,-- € zu ersetzen, 4. die Beklagte zu verurteilen, den Betrag von 1.498,63 € bis zur Rechtskraft des Urteils des LG Mainz (Az: 4 O 16/13) vorläufig zu erstatten.

Durch Gerichtsbescheid vom 25.2.2015 hat das SG Mainz die Klage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt: Die Sondergebühr sei rechtmäßig erhoben worden (Hinweis auf LSG Rheinland-Pfalz 20.10.2011 - L 5 KA 13/11, 20.12.2013 - L 5 KA 4/11, 02.05.2013 - L 7 KA 41/12 und 21.08.2014 - L 7 KA 35/13 sowie BSG 05.06.2013 - B 6 KA 29/13 B). Der Antrag festzustellen, dass die Beklagte ohne Rechtsgrund Zahlungen an das Finanzamt und die Barmer GEK geleistet habe, sei jedenfalls unbegründet. Es könne offen bleiben, ob der Kläger ein besonderes Feststellungsinteresse gelte...

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