Leitsatz (amtlich)

Der Antrag eines Versicherten, der freiwillige Beiträge nach AnVNG Art 2 § 49a Abs 2 (= ArVNG Art 2 § 51a Abs 2) nachentrichtet hat, den Eintritt des Versicherungsfalls so zu verschieben, daß sämtliche Voraussetzungen zur Anrechnung von Ersatz- und Ausfallzeiten vorliegen, wird nicht ohne weiteres Gegenstand der gegen den Bescheid über das Altersruhegeld gerichteten Klage. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind jedoch nicht gehindert, über diese zu entscheiden, sobald der Versicherte mit dem Verschiebungsantrag sein Bestimmungsrecht ausgeübt hat.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 08.09.1976; Aktenzeichen S 6 A 343/74)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.06.1978; Aktenzeichen 11 RA 29/77)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 8. September 1976 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der im … 1895 geborene Kläger übte ab 1948 die selbständige Tätigkeit eines Edelsteinkaufmanns aus. Am 13. April 1973 stellte er einen Antrag auf Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Gleichzeitig beantragte er, aufgrund des Rentenreformgesetzes freiwillige Beiträge nachentrichten zu dürfen. Am 28. Juni 1973 begehrte er, ihm Altersrente zu zahlen. Durch Bescheid vom 16. Oktober 1973 ließ die Beklagte die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur Angestelltenversicherung im beantragten Umfange zu. Am 13. November 1973 erhielt sie vom Kläger den Gesamtbetrag von DM 42.336,00. Am 28. Dezember 1973 wandelte dieser seine Firma G. O.H. in eine Kommanditgesellschaft –KG– um, in die seine Söhne E. und H. H. als persönlich haftende Gesellschafter und er selbst als Kommanditist mit Prokura eintraten. Durch Rentenbescheid vom 22. April 1974 bewilligte ihm die Beklagte –ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalle am 30. April 1973– Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von DM 433,20 monatlich ab 1. Mai 1973.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 16. Mai 1974 bei der Beklagten Klage erhoben. Er hat bemängelt, daß bei der Rentenberechnung nicht die Ersatzzeiten von August 1914 bis Dezember 1918 und November 1940 bis April 1946 sowie die Ausfallzeit von der Vollendung des 16. Lebensjahres am … 1911 bis zur Reifeprüfung im April 1913 berücksichtigt worden seien. Die Beklagte hat ausgeführt, die geltend gemachten Zeiten seien nicht anrechenbar, da der Kläger seine selbständige Erwerbstätigkeit nicht vor Eintritt des Versicherungsfalles, also bis zum 30. April 1973, aufgegeben habe.

In seinen Schriftsätzen vom 9. August 1974, 16. Oktober 1975 und 2. Februar 1976 hat der Kläger mit der Behauptung, seit der Umwandlung seiner Firma in eine KG nicht mehr selbständig erwerbstätig zu sein, vorgeschlagen und in den mündlichen Verhandlungen vom 28. April 1976 und vom 8. September 1976 ausdrücklich beantragt, den Eintritt des Versicherungsfalls auf den 31. Dezember 1973 zu verschieben und ihm ab 1. Januar 1974 Altersruhegeld unter Berücksichtigung seiner Ersatz- und Ausfallzeiten zu gewahren. Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Kläger habe die zum Nachweis der Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit und damit für eine Entscheidung über die Anrechnung der streitigen Zeiten erforderlichen Unterlagen bisher nicht beigebracht.

Durch Urteil vom 8. September 1976 hat das Sozialgericht –SG– Koblenz die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe vor Eintritt des in dem angefochtenen Bescheid unterstellten Versicherungsfalls im April 1973 seine selbständige Erwerbstätigkeit nicht aufgegeben, aber such nicht den Nachweis der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit bei einem an sich bis zum Eintritt der Bindungswirkung das angefochtenen Bescheids zulässigen Verschieben des Versicherungsfalls auf den 31. Dezember 1973 erbracht.

Gegen dieses ihm am 11. November 1976 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Eingang beim Landessozialgericht –LSG– Rheinland-Pfalz in Mainz am 25. November 1976 Berufung eingelegt.

Er trägt vor, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend lägen ab 1. Januar 1974 die Voraussetzungen für die Anrechnung seiner Ersatz- und Ausfallzeiten vor, da er sich im Dezember 1973 vom aktiven Geschäftsleben zurückgezogen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 8. September 1976 sowie den Bescheid vom 22. April 1974 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Ersatzzeiten von August 1914 bis Dezember 1918 und von November 1940 bis April 1946 sowie die Ausfallzeit vom 22. Juni 1911 bis April 1913 bei dem Altersruhegeld des Klägers rentensteigernd zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, im vorliegenden Verfahren sei nur darüber zu entscheiden, ob der Kläger in der Zeit bis zum 30. April 1973 noch eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichte- und Beklagtenakten verwiesen, der Gegenstand der mündl...

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