Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. stationäre Behandlung. Durchführung einer nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss zugelassenen neuen Behandlungs- und Untersuchungsmethode
Leitsatz (amtlich)
Eine stationäre Behandlung ist nicht bereits deshalb notwendig, weil eine ambulante Behandlung der Krankheit nach § 135 Abs 1 S 1 SGB 5 aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse ausgeschlossen ist. Vielmehr muss die stationäre Behandlung, ungeachtet des Ausschlusses der ambulanten Behandlung nach § 135 SGB 5, im konkreten Fall aus medizinischen Gründen notwendig sein.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24.08.2007 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der zwischenzeitlich stationär durchgeführten Liposuktionen (Fettabsaugungen) hat.
Die 1981 geborene Klägerin, die bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet an einem schmerzhaften Lipödem an den Armen und Beinen. Sie beantragte unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Dr. C. , Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Phlebologie, Lymphologie, vom 24.02.2006 die Gewährung einer Liposuktion. Dr. C. führte aus, aufgrund der ausgeprägten Verformungen, die alimentär nicht zu beeinflussen und diätetisch nicht korrigierbar seien, bestehe eine deutliche Einschränkung der Klägerin im täglichen Leben. Schmerzlosigkeit sei durch eine komplexe Entstauungstherapie nicht erreicht worden. Als Therapie der Wahl zur Verhinderung der Chronizität gelte bei der Klägerin die Liposuktion, die ambulant oder stationär durchgeführt werden könne und erfolgversprechend sei. Beigefügt war ein Kostenvoranschlag für eine ambulante Behandlung in Höhe von 12.037,20 €. Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Ärztin Dr. G. , Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 21.03.2006 ein. Diese führte aus, bei einer Liposuktion handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, zu der der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Empfehlung ausgesprochen habe. Eine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung einer Liposuktion bestehe bei der Klägerin nicht. Nach wie vor ständen die Bewegungstherapie, die Kompressionstherapie und die komplexe physikalische Entstauungstherapie an erster Stelle. Mit Bescheid vom 30.03.2006 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme für eine Liposuktion ab. Hiergegen legte die Klägern Widerspruch ein und reichte ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. W. vom 30.03.2006 zu den Akten, in dem ausgeführt wird, die Klägerin leide unter einem ausgeprägten Lip- und Lymphödem. Bei "stehender Berufsausübung" komme es trotz Kompressionsmaßnahmen und regelmäßigen Lymphdrainagen zu erheblichen Schmerzzuständen. Durch Widerspruchsbescheid vom 19.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, es bestehe kein Anspruch auf Übernahme der Kosten, die im Zusammenhang mit einer ambulanten Behandlung mittels Liposuktion bei Dr. C. entstehen würden. Denn es handele sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die eine Empfehlung des Gemeinsames Bundesausschusses nicht vorliege.
Hiergegen hat die Klägerin am 19.06.2006 Klage erhoben. Das Sozialgericht Speyer hat weitere Unterlagen über die bisherigen Behandlungen der Klägerin beigezogen. Durch Urteil vom 24.08.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung der beantragten Liposuktion als Sachleistung. Nach § 135 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) könnten neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Eine ausdrückliche Empfehlung für die Liposuktion habe der Gemeinsame Bundesausschuss nicht abgegeben. Ein so genanntes Systemversagen i. S. d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege nicht vor. Auch psychische Beeinträchtigungen durch Schmerzen und das äußere Erscheinungsbild der Klägerin begründeten keinen Leistungsanspruch. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98).
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 28.11.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.12.2007 Berufung eingelegt.
Sie macht geltend, das Sozialgericht habe sich auf die Bestimmungen des § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V gestützt, die ambulante Behandlungen betreffe. Bei einer Behandlung im stationären Bereich komme es nach § 137c Abs. 1 SGB V nicht darauf an, ob der Gemeinsamen Bundesausschuss die Behandlu...