Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. kapitalbildende Lebensversicherung. Altersvorsorgevermögen. Doppelanrechnung. Ermächtigungskonformität. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschriften der AlhiV 2002 idF vom 23.12.2002 beruhen auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage und die die Berücksichtigung von Altersvorsorgevermögen betreffenden Vorschriften verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht.

2. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer Kapitallebensversicherung zum Rückkaufswert liegt nicht vor, wenn bei einer Versicherungssumme von 13.023 Euro der Rückkaufswert 8.683 Euro beträgt.

3. Der Wegfall der Vorschrift des § 9 AlhiV über die Dauer fehlender Bedürftigkeit in der AlhiV 2002 stellt keine Verletzung von Verfassungsrecht dar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 09.12.2004; Aktenzeichen B 7 AL 56/04 R)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten ein Anspruch des ... 1956 geborenen Klägers auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 18.3.2003.

Der Kläger bezog bis zum 17.3.2003 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 207,55 € wöchentlich auf der Grundlage eines Arbeitsentgelts in Höhe von 455,80 € wöchentlich.

Am 10.3.2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Alhi. Hierbei gab er an, dass er über Vermögen und Zinseinnahmen verfüge. An Vermögen habe er: Guthaben auf dem Girokonto in Höhe von 1.208,- €, Sparguthaben in Höhe von 32,- €, Bausparvertrag in Höhe von 1.184,- €, einen Rückkaufswert für eine Lebensversicherung in Höhe von 8.683,- €, Geschäftsanteile in Höhe von 2.159,70 € sowie Sparguthaben in Höhe von 28.330,- €, wobei eine Darlehensforderung in Höhe von 20.948,- € durch die Auflösung des Sparbuchs auszugleichen sei. Bei dem Kläger bestand seit dem 28.3.2002 Arbeitsunfähigkeit, wobei die Beklagte am 2.4.2003 feststellte, der Kläger könne trotz der gesundheitlichen Einschränkungen Einkommen erzielen. Mit Bescheid vom 12.5.2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Alhi ab. Der Kläger habe Vermögen in Höhe von 20.565,54 €. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für den Kläger in Höhe von 9.400,- € und für seine Ehefrau (geb. am 19.2.1956) in Höhe von 9.600,- € verbleibe ein Betrag von 1.565,54 €, der der Bedürftigkeit entgegenstehe. Sollte der Kläger nach Verbrauch des Vermögensanteils, der die Freibeträge übersteige, Alhi begehren, so könne diese bei Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen nur nach erneuter Antragstellung gewährt werden. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.6.2003).

Nach Klageerhebung am 14.7.2003 hat der Kläger erneut einen Antrag auf Alhi gestellt, den die Beklagte mit Bescheid vom 21.7.2003 abgelehnt hat. Sie hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger verfüge über verwertbares Einkommen in Höhe von 357,54 €. Auf seinen Antrag vom 28.7.2003 hat die Beklagte dem Kläger ab dem 28.7.2003 Alhi in einer wöchentlichen Höhe von 170,70 € gewährt.

Durch Urteil vom 27.10.2003 hat das Sozialgericht Trier die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger und seine Ehefrau hätten eigenen Angaben zu Folge bei der Antragstellung des Klägers auf Arbeitslosenhilfe im März 2003 über das von der Beklagten berücksichtigte Vermögen in Höhe von 20.565,54 € verfügt. Dieses Vermögen sei bei der Bedürftigkeitsprüfung einzustellen, soweit sein Wert den Freibetrag übersteige. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch der Rückkaufswert für seine Lebensversicherung zu berücksichtigen. Diese sei nach den Regelungen der anzuwendenden Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) 2002 nicht von einer Verwertung ausgenommen. Die Verwertung zum Rückkaufswert sei auch nicht unwirtschaftlich. Die Vorschriften der AlhiV 2002 seien wirksam und verstießen nicht gegen höherrangiges Recht.

Gegen das am 10.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6.12.2003 Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor, ihm habe ab dem 18.3.2003 ohne Anrechnung der Lebensversicherung Alhi gewährt werden müssen. Er leide an einer schweren Atemwegserkrankung. Bereits hieraus ergebe sich, dass er zusätzliche Rentenanwartschaften aufbauen müsse. Er habe einen Rentenantrag gestellt und sei nicht mehr in der Lage, eine angemessene Altersvorsorge aufzubauen. Die zu erwartende gesetzliche Altersrente werde mit Sicherheit unter dem Existenzminimum liegen. Der Einsatz der Lebensversicherung sei unwirtschaftlich.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 27.10.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 12.5.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.6.2003 aufzuheben, und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 18.3.2003 bis zum 20.7.2003 Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung der Lebensversicherung zu gewähren,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die getroffenen Entscheidungen für zutreffend. Der Einsatz der Lebensversicherung sei nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Dies se...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge