Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenübernahme. Krankenhausaufenthalt. notwendige Zeitdauer zwischen ärztlicher Aufklärung und Eingriff bei Herzkatheteruntersuchung. Aufklärung über Untersuchung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung des Krankenhausarztes, zwischen der ärztlichen Aufklärung eines Patienten über eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Einsetzung eines Stents und diesem Eingriff 24 Stunden zu warten, ist vertretbar mit der Folge, dass der aus diesem Grunde erfolgte Krankenhausaufenthalt notwendig ist und die Krankenkasse dessen Kosten zu übernehmen hat.

2. Die Aufklärung über eine solche Untersuchung hat in der Regel durch den Arzt zu erfolgen, der den Eingriff vornimmt.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 30.5.2005 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 1.175,07 € nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 7.9.2001 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt 1/5, die Beklagte 4/5 der Kosten in beiden Rechtszügen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Der bei der Beklagten krankenversicherte, 1939 geborene K D wurde am 29.1.2001 wegen einer chronisch ischämischen Herzkrankheit notfallmäßig im Evangelischen Krankenhaus Z aufgenommen. Am 1.2.2001 wurde er mit den Diagnosen “Vorhofflattern und Vorhofflimmern„ zur Durchführung einer Linksherzkatheteruntersuchung in das W -Klinikum K verlegt, dessen Trägerin die Klägerin ist. Die dortige Aufnahme des Versicherten erfolgte um 17.43 Uhr, die Aufklärung über den beabsichtigten Eingriff um 18.45 und die Herzkatheteruntersuchung am 2.2.2001 um 9.00 Uhr.

Unter dem 5.2.2001 erstattete das Krankenhaus die Aufnahmeanzeige an die Beklagte, in der die voraussichtliche Behandlungsdauer bis zum 3.2.2001 angegeben wurde. Am 3.2.2001 wurde der Versicherte in das Evangelische Krankenhaus Z zurückverlegt, wo er bis zum 13.2.2001 stationär behandelt wurde.

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 14.2.2001 2.749,62 DM (Basis- und Abteilungspflegesätze für zwei Tage; Sonderentgelt 21.01) sowie mit Nachtragsrechnung vom 9.4.2001 Zuschläge in Höhe von 11,50 DM geltend. Die Beklagte zahlte den geforderten Betrag. Sie beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung. In seinem Gutachten vom 5.6.2001 gelangte der Arzt Dr S vom MDK zu dem Ergebnis, es sei nicht erkennbar, weshalb der Versicherte nicht “am Verlegungstag bei planbarem Eingriff verlegt und am gleichen Tag zurückverlegt„ worden sei; unter diesen Bedingungen hätte es sich um eine “Verbringung„ gehandelt. Im Hinblick darauf verlangte die Beklagte von der Klägerin mit Schreiben vom 11.6.2001 2.749,62 DM zurück. Am 6.9.2001 verrechnete sie den Betrag von 2.761,12 DM mit anderweitigen Zahlungsansprüchen der Klägerin.

Unter dem 18.9.2001 nahm Chefarzt Dr G vom W -Klinikum Stellung: Bei einem derartigen Eingriff sei eine 24stündige Bedenkzeit des Versicherten vorgeschrieben. Postinterventionell sei eine gehäufte Kontrolle der Vitalzeichen, des Druckverbandes und des Radialispulses notwendig, da weitere Herzrhythmusstörungen zusätzlich zu der Tachyarrhythmia absoluta eintreten könnten. Dazu äußerte sich die Ärztin im MDK Dr S unter dem 14.1.2002: Bei der Herzkatheteruntersuchung habe es sich nicht um eine Notfallsituation, sondern um einen effektiv planbaren Eingriff gehandelt. Die zuvor erforderliche Aufklärung hätte im Evangelischen Krankenhaus Z erfolgen können. Nach einer komplikationslosen Überwachung von sechs Stunden wäre prinzipiell eine Verlegung in das ursprüngliche Krankenhaus möglich gewesen.

Am 6.6.2002 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Speyer Klage erhoben. Die Beklagte hat eine Stellungnahme der Ärztin im MDK Dr S vom Juni 2003 vorgelegt, welche nach Einsicht in die Krankenakte ausgeführt hat, die durchgeführte invasive Koronardiagnostik wäre im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit eines Kardiologen möglich gewesen. Die Klägerin hat dazu eine ausführliche Stellungnahme von Dr G vom Juni 2003 vorgelegt, der ua dargelegt hat: Die Aufklärung des Patienten müsse durch den Arzt erfolgen, der die für den jeweiligen Eingriff notwendige Sachkunde besitze. Im Evangelischen Krankenhaus Z würden keine Herzkatheteruntersuchungen durchgeführt, sodass eine geeignete Aufklärung dort nicht habe erfolgen können. Eine Verkürzung der 24-Stunden-Frist zwischen der Aufklärung und dem diagnostischen Eingriff sei nicht möglich gewesen, da kein Notfall vorgelegen habe. Hinzu komme, dass in solchen Fällen eine besonders differenzierte Aufklärung notwendig sei, weil eine eventuell erforderliche Gefäßdehnung und Stentimplantation (PTCA) stets in unmittelbarem Anschluss an die diagnostische Prozedur durchgeführt werde. Die Aufklärung für die PTCA durch einen nicht sachkundigen Arzt sei jedoch au...

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