Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht. Auftraggeber iS von § 2 S 1 Nr 9 SGB 6. Hersteller von Nahrungsergänzungs- und Körperpflegemitteln. Netzwerk-Marketing-System. Empfehlungsmarketing. Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger. Verpflichtung zum Tätigwerden
Orientierungssatz
Ein Hersteller von Nahrungsergänzungs- und Körperpflegemitteln, der weltweit nach einem einheitlichen Netzwerk-Marketing-System arbeitet, welches auf dem sog "Empfehlungsmarketing" basiert, kann nicht als Auftraggeber iS des § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 angesehen werden (vgl BSG vom 4.11.2009 - B 12 R 3/08 R = BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12 und vom 9.11.2011 - B 12 R 1/10 R = BSGE 109, 265 = SozR 4-2600 § 2 Nr 15).
Normenkette
SGB VI § 2 S. 1 Nr. 9
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 9.1.2014 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) streitig.
Der 1948 geborene Kläger hat nach eigenen Angaben im Jahr 2000 begonnen, Produkte bei der Firma L. (im Folgenden L.) zu bestellen, nachdem ihm ein Bekannter deren Produkte empfohlen hat. Er bekam außerdem die Möglichkeit aufgezeigt, den Kaufpreis durch die Anwerbung von Neukunden zu refinanzieren. Er begann daher, die Produkte dieser Firma weiterzuempfehlen. Diese Empfehlungen führt er auch weiterhin durch. Auf Anraten seines Steuerberaters meldete er am 13.10.2003 rückwirkend ab dem 1.6.2003 folgendes Gewerbe an: “Marketingberatung und Schulung von Marketingtechniken„. Daneben betrieb der Kläger, der bis dahin nach eigenen Angaben Networkmarketing gemacht hatte und ausgebildeter Trainer für Charakterologie war, auch weiterhin Marketingberatung und Schulungen für Persönlichkeitsentwicklung. Im Jahr 2008 erzielte er seine Einnahmen aus Vorträgen und persönlichem Coaching. Ab 2009 war er dann wieder im Rahmen des Empfehlungsmarketings bei L. tätig und übte die früheren Tätigkeitsbereiche, nachdem sich das Empfehlungsmarketing immer weiter entwickelte, nur noch in einem geringfügigen Umfang.
Bei L. handelt es sich um einen Hersteller von Nahrungsergänzungs- und Körperpflegemitteln mit Hauptsitz in B., A., USA, der weltweit nach einen einheitlichen Netzwerk-Marketing-System arbeitet, welches auf dem sog. “Empfehlungsmarketing„ basiert (vgl. hierzu die Website http://www.l .c , Stand 18.6.2014, zu den Begriffen des Netzwerkmarketings und des Empfehlungsmarketings vgl. auch http://de.w .o und http://de.w /Empfehlungsmarketing). Die Produkte werden über die Internetplattform der L. vertrieben und ausschließlich an den Endverbraucher verkauft. Jeder Produktkunde kann Geschäftspartner von L. werden, indem er deren Produkte weiterempfiehlt. In diesem Fall erhält er von L. eine Empfehlungsprovision, sobald ein neuer Kunde aufgrund seiner Empfehlung Produkte von L. bestellt. Sofern der von ihm neu gewonnene Kunde wiederum seinerseits Produkte von L. weiterempfiehlt, wird jeder Kunde auch an dieser Empfehlung durch eine Empfehlungsprovision beteiligt. Deren Höhe ist nach einem komplexen Schema gestaffelt. Wenn neu angeworbene Kunden Produkte bei L. bestellen und den Partner als Vermittler angeben, wird dieser automatisch zum “Sponsor„ und erhält Provisionen. Der jeweilige Geschäftspartner erhält von L. Vergütungsabrechnungen, aufgrund derer die Provisionen ausgezahlt werden. Unabhängig von dem eigenen Tätigwerden eines Geschäftspartners werden Provisionen auch dann nach einem Vergütungsplan ausgezahlt, wenn angeworbene Kunden Produkte bestellen. Jeder Kunde erhält automatisch eine Kundennummer. Eine eigene Homepage kann jeder Kunde in Form einer persönlichen Website einrichten. Nach den auf der Website der L. (Stand: 18.6.2014) derzeit geltenden sog. “Bestimmungen für Deutschland„ hat L. für seine Partner “Instruktionen„ herausgegeben, die “alleinig dem Zweck der Realisierung, Intakthaltung und einheitlichen Anwendung des Systems„ dienen. Wegen des weiteren Inhalts jener “Bestimmungen für Deutschland„ wird auf die Website von L. verwiesen.
Am 27.12.2010 beantragte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, die den Antrag an die Beklagte weiterleitete, gemäß § 6 Abs 1 a Satz 1 Nr. 2 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht als Selbständiger nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI. Zu seiner Tätigkeit befragt gab der Kläger in einem Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige an, dass er gegen Provisionen Gesundheitsprodukte von L. an Kunden weiterempfehle. Voraussichtlich erziele er ca. 10.000 Euro pro Monat.
In einem späteren Schreiben ergänzte der Kläger, dass er den Befreiungsantrag nur desh...