Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 29.08.1990; Aktenzeichen S 5 Vs 64/89)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 29.8.1990 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs (NTA) „aG” (außergewöhnliche Gehbehinderung).

Bei dem 1936 geborenen Kläger sind durch Bescheid vom 7.7.1986 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 4.3.1987 und des Widerspruchsbescheids vom 29.3.1989 folgende Behinderungen bei einem Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) von 100 festgestellt:

  1. „Verlust des rechten Beines im oberen Unterschenkeldrittel mit rezidivierenden Entzündungen der Haut sowie Stumpfbeschwerden und fortschreitender Atrophie der Stumpfmuskulatur mit ungenügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes;
  2. Fehlhaltung der Wirbelsäule mit schmerzhafter Einschränkung der Beweglichkeit in den zervikalen und lumbalen Abschnitten, schwere Osteochondrose der unteren Halswirbelsäule mit insbesondere verständigem linksseitigem Wurzelreizsyndrom, rezidivierende Lumbalgien, Bewegungsschmerz im linken Kniegelenk, Senk-Spreizfuß links;
  3. Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades bei Arthroseveränderungen;
  4. Einschränkung der Abspreiz- und Abduktionsbewegung des 4. und 5. Fingers links, Taubheitsgefühl im Bereich des 5. Fingers und Gefühllosigkeit im Bereich der Schwimmhautfalte D 4/D 5 links, Einschränkung der Beweglichkeit des 5. Fingers links im Grund-, Mittel- und Endgelenk, Herabsetzung der groben Kraft der linken Hand, Schwellneigung und überpigmentierte Narbe im Bereich des linken Unterschenkels;
  5. Sensibilitätsverlust im Bereich des linken Nervus suralis und chronisch-venöse Stauung des linken Unterschenkels mit teilweiser entzündlicher Begleitreaktion und beginnenden trophischen Störungen;
  6. chronisch-persistierende Hepatitis;
  7. erhebliche psycho-vegetative Störungen mit reaktiver Depression und Herz-Kreislaufstörungen.”

Darüber hinaus ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit des Klägers im Straßenverkehr (NTA „G”) anerkannt. Dagegen ist in der genannten Verwaltungsentscheidung eine außergewöhnliche Gehbehinderung (NTA „aG”) und die Notwendigkeit der ständigen Begleitung (NTA „B”) verneint worden.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Im Laufe des erst instanzlichen Verfahrens hat er sodann die Klage hinsichtlich der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des NTA-Merkzeichens „B” zurückgenommen und nur noch die Feststellung des NTA-Merkzeichens „aG” weiterverfolgt. Hierzu hat er vorgetragen, sein linkes Bein sei nicht voll belastbar. Er sei außergewöhnlich gehbehindert. Zur Unterstützung seines Klagebegehrens hat er Atteste des Chirurgen Dr. S. vom April und August 1990 vorgelegt. Darin hat der Facharzt von exterpierten Druckulcera am Stumpf berichtet und – ohne nähere Begründung – die Voraussetzungen des NTA „aG” bejaht.

Das Sozialgericht hat von Dr. S. einen Befundbericht eingeholt. Dieser hat im September 1989 erneut die Voraussetzungen des NTA „aG” bejaht. Das Sozialgericht hat ferner das für das Sozialgericht Trier in dem Rentenrechtsstreit des Klägers gegen die Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinland-Pfalz (Az: S 2 J 9/88) erstattete orthopädische Gutachten des Oberarztes Privatdozent Dr. H. vom September 1988 beigezogen. Darin heißt es u.a. es sei glaubhaft, daß der Kläger wegen auftretender Stumpfprobleme die Unterschenkelprothese öfter nicht benutzen könne und dann auf eine Unterarmgehstütze angewiesen sei.

Das Sozialgericht hat darüber hinaus das im selben Rechtsstreit, allerdings nunmehr für das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz erstattete, Gutachten des Neurologen Dr. J. vom Juni 1990 zur Gerichtsakte genommen. Darin heißt es, der Kläger könne noch vollschichtig leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne längeres Gehen verrichten.

Außerdem hat das Sozialgericht den Kläger durch den Orthopäden Leitender Oberarzt Prof. Dr. Sc. begutachten lassen. Dieser hat im Januar 1990 dargelegt, insgesamt sei die Stumpfsituation unbefriedigend und erkläre die vom Kläger angegebenen Belastungsbeschwerden. Dieser sei aber nicht dauernd außerstande, ein Kunstbein zu tragen. Darüber hinaus sei das linke Bein voll belastbar. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung liege nicht vor, da der Kläger noch ohne große Anstrengungen oder fremde Hilfe außerhalb eines Kraftfahrzeuges kurze Wegstrecken zurücklegen könne. Das Gangbild zu ebener Erde sei mit Benutzung einer Stockhilfe und der Unterschenkelprothese ausreichend sicher. Der Kläger sei mithin dem in bezug auf den NTA „aG” berechtigten Personenkreis nicht gleichzustellen.

Der Beklagte hat während des erst instanzlichen Verfahrens von den Dres. Ha., K. und G. versorgungsärztliche Stellungnahmen vorgelegt. Die genannten Ärzte kommen darin übereinstimmend zu der Auffassung, die Voraussetzungen des NTA „aG” seien nicht erfüllt.

Durch Urteil vom 29.8.1990 hat das Sozialgericht die Kl...

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