Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. stationäre Entbindung. keine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Krankenhausaufenthalt wegen einer Entbindung nach § 197 RVO fällt die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5 nicht an, weil die Regelung über die Aufwandspauschale nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB 5 erfasst.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 05.08.2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale hat.
Die bei der Beklagten krankenversicherte H S befand sich in der Zeit vom 18.04. bis 28.04.2007 zur Entbindung in dem nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhaus der Klägerin. Diese rechnete die Leistung nach DRG (Diagnosis Related Groups) O01E (Sectio caesarea mit komplizierter Diagnose, Schwangerschaftsdauer mehr als 33 vollendete Wochen, ohne komplexe Diagnose) ab. Mit Schreiben vom 15.05.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach Prüfung der Unterlagen beständen Zweifel daran, dass diese DRG richtig abgerechnet worden sei. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) sei daher um entsprechende Prüfung gebeten worden. Es werde um Übersendung der benötigten Unterlagen an den MDK gebeten. Dieser erklärte in seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 18.05.2007, gemäß § 275 Abs. 1c SGB V werde fristgemäß die Prüfung des Krankenhausaufenthalts der Versicherten H S angezeigt. Der Arzt im MDK S gelangte in seiner Stellungnahme vom 29.05.2007 zum Ergebnis, die Verweildauer sei in gesamter Länge medizinisch nachvollziehbar, die Nebendiagnose (Diabetes mellitus) sei korrekt codiert. Die Beklagte zahlte den vollständigen von der Klägerin geltend gemachten Rechnungsbetrag.
Mit Rechnung vom 01.08.2007 forderte die Klägerin von der Beklagten eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 €. Mit Schreiben vom 29.08.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Voraussetzungen für die Entrichtung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB V seien nicht erfüllt, da diese Bestimmung sich ausschließlich auf Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V beziehe, vorliegend aber eine stationäre Entbindung nach § 197 RVO erfolgt sei.
Die Klägerin hat am 08.09.2008 Leistungsklage erhoben und geltend gemacht, nach der Ratio legis sei die Aufwandspauschale auch in den Fällen zu zahlen, in denen eine stationäre Entbindung gemäß § 197 RVO seitens des MDK überprüft werde. Nach der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 275 SGB V habe im Krankenhausbereich Handlungsbedarf im Hinblick auf den Umfang der gutachterlichen Stellungnahmen des MDK bestanden, die Krankenkassen im Rahmen der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V anforderten. Von einzelnen Krankenkassen werde die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt. Wille des Gesetzgebers sei es gewesen, die Einzelfallprüfungen insgesamt wieder auf ein angemessenes Maß zurückzuführen. In der Gesetzesbegründung finde sich kein Anhaltspunkt dafür, dass stationäre Entbindungsfälle gemäß § 197 RVO anders behandelt werden sollten als die übrigen Krankenhausfälle. Durch Urteil vom 05.08.2009 hat das Sozialgericht Koblenz die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, gemäß § 275 Abs. 1c SGB V i. d. F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I, 378 ff.) sei bei einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 sei spätestens nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führe, habe die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 € zu entrichten. Wie der Wortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V eindeutig zeige, greife diese Bestimmung nur bei einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V. Rechtsgrundlage für die Behandlung der Versicherten im vorliegenden Fall sei allein § 197 RVO i. d. F. des Gesetzes vom 26.03.2007 (BGBl. I, S. 378 ff.) gewesen. Danach habe eine Versicherte für sich und das Neugeborene auch Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung, sofern sie zur Entbindung in einem Krankenhaus oder in einer anderen Einrichtung aufgenommen werde. Für diese Zeit bestehe kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. § 39 Abs. 2 SGB V gelte entsprechend. Vorliegend liege keine Krankenhausbehandlung i. S. d. § 39 SGB V vor. Unabhängig davon, unter welchem Gesichtspunkt tatsächlich die Prüfung seitens der Beklagten eingeleitet worden sei, komme aufgrund des Gesamtzusammenhangs in § 275 Abs. 1c SGB V eine Aufwandspauschale nur bei einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V in Betracht.
G...