Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. psychiatrische Institutsambulanz. Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigstelle. Notwendigkeit zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung iSd § 118 Abs 4 SGB 5

 

Orientierungssatz

Zur Frage der Notwendigkeit der Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigstelle einer psychiatrischen Institutsambulanz (PIA), um eine ausreichende Versorgung iSd § 118 Abs 4 SGB 5 sicherzustellen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.06.2022; Aktenzeichen B 6 KA 3/21 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 15.05.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigstelle einer psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) in B hat.

Die Klägerin betreibt das P klinikum für Psychiatrie und Neurologie in K und unterhält dort eine PIA mit Zweigstellen in Landau, Speyer und Wörth. Seit Oktober 2015 betreibt sie eine nach dem Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) geförderte Wohneinrichtung in B . Mit Schreiben vom 21.12.2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Ermächtigung zur Inbetriebnahme einer PIA in B ab dem 01.04.2016. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 09.03.2016 u.a. mit, in der PIA sei die Versorgung von Patienten vorgesehen, die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung auf die Behandlung durch eine PIA angewiesen seien, insbesondere mit Erkrankungen nach den ICD-Hauptgruppen F0 bis F7. Auf die Frage, warum es nicht möglich sei, für eine Krisenintervention die Einrichtungen in Klingenmünster, Landau oder Wörth aufzusuchen, führte sie aus, bedingt durch die Infrastruktur und die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse der Patienten sei es schwierig, schon vorhandene Einrichtungen zu erreichen. Häufig seien krankheitsbedingt Antrieb und Motivation eingeschränkt, die Gesundheitsfürsorge bedürfe der Unterstützung im Lebensumfeld der Patienten. Der Zulassungsausschuss (ZA) richtete eine Bedarfsabfrage an die im Planungsbereichen Kreis G und L /S W niedergelassenen Psychiater, Nervenärzte und Psychotherapeuten. Zudem hörte der ZA die Landesverbände der Krankenkassen sowie die zu 1 beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz an. Die Landesverbände der Krankenkassen sprachen sich gegen eine Ermächtigung für eine Außenstelle einer psychiatrischen Institutsambulanz in aus. Die Beigeladene zu 1 empfahl eine Überprüfung der Versorgungslage im Planungsbereich G . Mit Beschluss vom 19.07.2016 (Sitzung vom 08.06.2016) lehnte der ZA den Antrag ab und führte zur Begründung aus, eine Außenstelle einer PIA sei zu genehmigen, soweit und solange die Ermächtigung notwendig sei, um eine Versorgung nach Maßgabe des § 118 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sicherzustellen. Ein Bedarf für die beantragte Außenstelle könne derzeit für die Region B nicht erkannt werden. Im Umkreis von 30 km befänden sich mehrere PIAs, meist ebenfalls in Trägerschaft des P klinikums K . Das Gebiet sei insbesondere an die PIA in W (Entfernung 19,4 km) und die PIA in L (Entfernung 14,6 km) sowohl mit dem eigenen Kraftfahrzeug als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut angebunden. Es würde davon ausgegangen, dass auch die Patienten, die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung auf die Behandlung durch diese Krankenhäuser angewiesen seien, die vorgenannten Einrichtungen in zumutbarer Weise erreichen könnten. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, in der Wohneinrichtung in B wohnten derzeit 19 ehemalige Bewohner der Einrichtung in K . Ziel sei es, bisherigen Bewohnern in der Wohneinrichtung in K eine zunehmende gesellschaftliche Wiedereingliederung bei gleichzeitiger Gewährleistung der erforderlichen psychiatrischen Betreuung zu ermöglichen. Insbesondere für diese Personen solle ein wohnortnahes ambulantes psychiatrisches Versorgungsangebot in B bereitgehalten werden. Die Bewohner könnten auf Grund ihrer finanziellen Situation vielfach Angebote, die nur mit dem öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) zu erreichen seien, nicht in Anspruch nehmen. Theoretisch könnten sie Fahrkostenerstattung durch den Sozialhilfeträger und/oder die Krankenkassen beantragen, praktisch sei dies aber kaum realistisch. Neben der Versorgung der Bewohner der Wohneinrichtung in B solle ein ambulantes Versorgungsangebot für ca. sechs bis sieben Personen aus G geschaffen werden. Die vom ZA angestellten Ermittlungen belegten, dass ein von B aus zu deckender, ungedeckter Versorgungsbedarf für die psychiatrische Versorgung der in § 118 Abs. 1 und 4 SGB V genannten Personengruppe bestehe. Von den 38 befragten Praxen (fünf psychiatrische und 33 psychotherapeutische) hätten 34 geantwortet. 18 hätten sich für die Ermächtigung ausgesprochen, neun dagegen, sieben hätten keine Angaben gemacht. Drei Viertel der Praxen...

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