Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenbehandlung. Lipödem. kein Anspruch auf stationäre Liposuktionen. keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch eine hiermit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung im Sinne des § 2 Abs 1a SGB 5
Orientierungssatz
1. Versicherte haben bei Vorliegen eines Lipödems zumindest für die Zeit vor dem am 7.12.2019 erfolgten Inkrafttreten des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19.9.2019 zur Änderung der "Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung" (juris: KHMeRL) keinen Anspruch auf Durchführung einer stationären Liposuktion.
2. Ein Lipödem stellt keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch eine hiermit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung im Sinne des § 2 Abs 1a SGB 5 dar.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 08.07.2019 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für vier unter stationären Bedingungen selbstbeschaffte Liposuktionen.
Die 1976 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte mit am 06.04.2018 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 27.03.2018 die Übernahme der Kosten für - voraussichtlich - vier Liposuktionen unter stationären Bedingungen an Armen und Beinen sowie Gesäß und Unterbauch im W krankenhaus der J in B. Beigefügt waren dem Schreiben verschiedene ärztliche Unterlagen seit dem Jahr 1998, insbesondere ein Bericht des leitenden Arztes der Abteilung für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie des W krankenhauses der J in B, Dr. B, vom 21.02.2018, wonach die Klägerin an einem Lipödem Stadium II leide und eine operative Behandlung mittels Liposuktion indiziert sei, und ein Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin B vom 06.03.2018, wonach ein Lipödem Stadium III bestehe.
Mit Schreiben vom 09.04.2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeschaltet worden sei; eine Entscheidung über den Antrag der Klägerin werde bis voraussichtlich 07.05.2018 ergehen.
Die Ärztin im MDK Dr. U (Stellungnahme vom 17.04.2018) gelangte zu dem Ergebnis, dass die Notwendigkeit der Liposuktion weder - wie beantragt - im stationären noch im ambulanten Rahmen nachvollzogen werden könne. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, warum die Leistung nur unter stationären Bedingungen durchzuführen wäre. Eine Liposuktion könne auch ambulant erfolgen, ggf müssten dann mehr als die geplanten Sitzungen durchgeführt werden. Im ambulanten Bereich könne die Methode noch nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, da für diese neue Behandlungsmethode noch kein positives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vorliege. Eine Leistungspflicht bestehe auch nicht ausnahmsweise vor dem Hintergrund von § 2 Abs 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), da es sich bei dem Lipödem weder um eine lebensbedrohliche noch um eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handele. Es stünde die Weiterführung, auch Intensivierung, der konsequenten kombinierten Entstauungstherapie in Kombination mit der Kompressionstherapie sowie eine regelmäßige Hautpflege und Erysipel-Prophylaxe zur Verfügung. Bei begleitender Adipositas wäre eine Gewichtsreduktion zu empfehlen. Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine Liposuktion mit Bescheid vom 24.04.2018 ab.
Ihren hiergegen am 22.05.2018 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass ein positives Votum des GBA im stationären Bereich nicht Voraussetzung einer Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen sei; ein negatives Votum des GBA liege nicht vor. Der MDK verkenne, dass in ihrem Fall eine ambulante Durchführung der Liposuktionen nicht möglich sei; er habe die sozialen und psychischen Komponenten in seiner Bewertung nicht berücksichtigt. Im Übrigen habe sie, die Klägerin, die konservativen Methoden ausgeschöpft. Ergänzend legte die Klägerin weitere ärztliche Unterlagen vor.
Der seitens der Beklagten erneut eingeschaltete MDK bestätigte in einer Stellungnahme vom 13.07.2018 durch die Ärztin im MDK H, dass keine Gründe für eine zwingend erforderliche stationäre Behandlung erkennbar seien. Die Klägerin könne auch auf eine ambulante Durchführung des Eingriffs psychisch vorbereitet werden. Die in der Stellungnahme vom 17.04.2018 getätigten Empfehlungen würden vollumfänglich fortgelten.
Im Rahmen eines stationären Aufenthaltes im W krankenhaus in B vom 20.08.2018 bis 23.08.2018 beschaffte sich die Klägerin eine Liposuktion im Bereich der Beinvorderseite selbst. Hierfür wurden ihr 3.017,- € in Rechnung gestellt.
Im Wesentlichen gestützt auf die Stellungnahmen des MDK wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 26.09.201...