Leitsatz (amtlich)

Selbst zwei vor Ablauf der Frist des Art. 2 § 51 a Abs. 3 Satz 1 ArVNG (31. Dezember 1975) gestellte Anträge auf Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung, die genaue und vollständige Angaben über die Belegungszeiten (Teilbelegung), die Beitragsklassen sowie die jeweiligen Einzel- und Gesamtwerte enthalten, können nicht zugleich als fristwahrende „formlose– Anträge für weitere Beitragsnachentrichtungen (Ratenzahlungen) angesehen werden, die der Versicherte nach dem 31. Dezember 1975 noch vornehmen will.

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 10.05.1977; Aktenzeichen S 13 J 309/76)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer – Zweigstelle Mainz – vom 10. Mai 1977 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger über den 31. Dezember 1979 hinaus freiwillige Beiträge nachentrichten kann.

Der 1935 geborene Kläger ist seit 1967 selbständiger Zimmermann und als solcher in der Handwerkerversicherung der Beklagten pflichtversichert. Im März 1974 beantragte er durch seinen Prozeßbevollmächtigten bei der Beklagten, ihm die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für das Jahr 1956 zu gestatten. Den in einem gleichzeitig beigefügten Verrechnungsscheck ausgewiesenen Betrag von 1.296,– DM verwendete die Beklagte im Einverständnis mit dem Bevollmächtigten des Klägers als Beiträge für die Jahre 1967 und 1959 und erteilte eine entsprechende Aufrechnungsbescheinigung. Im April 1975 stellte der Kläger einen weiteren Nachentrichtungsantrag, bezeichnete als Belegungszeitraum die Jahre 1958 und 1957 und fügte einen Scheck über 1.944,– DM bei. Auch diesem Antrag gab die Beklagte in der Weise statt, daß sie den Betrag von 1.944,– DM sowie einen nachüberwiesenen Betrag von 36,– DM nach Einverständniserklärung des Bevollmächtigten für die Jahre 1958 und 1959 verwendete.

Mit Antrag vom 22. Juni 1976 begehrte der Kläger die Zulassung einer weiteren Nachentrichtung in Höhe von insgesamt 1.620,– DM für 1957 und noch nicht belegte Zeiten des Jahres 1958. Den angegebenen Betrag bezeichnete er als dritte Rate. Die Beklagte lehnte den zuletzt gestellten Nachentrichtungsantrag mit Bescheid vom 1. September 1976 ab, da die Antragsfrist (31. Dezember 1975) versäumt sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde durch Bescheid vom 7. Dezember 1976 zurückgewiesen im wesentlichen mit der Begründung, eine Fristwahrung sei nicht gegeben, da die früheren fristgerecht gestellten Anträge keinen Hinweis auf die Absicht der Entrichtung weiterer Beiträge enthalten hätten. Auch sei in keinen Fall die Bewilligung von Teilzahlungen beantragt worden.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, bei seinem ersten Nachentrichtungsantrag vom März 1974 habe es sich um einen Antrag dem Grunde nach gehandelt, so daß dieser Antrag als fristwahrend auch für weitere Nachentrichtungen über den 31. Dezember 1975 hinaus gelten müsse. Im übrigen sei der im März 1974 gestellte Antrag mit der Angabe „erste Rate– gekennzeichnet gewesen. Daraus habe die Beklagte erkannt, daß er weitere Raten habe entrichten wollen. Die Geltendmachung der Fristversäumnis verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und stelle zudem eine Ermessensüberschreitung dar. Falls sich aber die Beklagte über seine Absicht, die Nachentrichtung ratenweise vorzunehmen, nicht im Klaren gewesen sein sollte, hätte sie auf Grund ihrer Aufklärungspflicht (§ 16 Sozialgesetzbuch – SGB –) bei ihm nachfragen müssen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 1. September 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, weitere Ratenzahlungen zuzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung festgehalten.

Des Sozialgericht Speyer, Zweigstelle Mainz, hat durch Urteil vom 10. Mai 1977 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die nach Art. 2 § 51 a Abs. 3 Arbeiterrentenversicherungsneuregelungsgesetz (ArVNG) vorgeschriebene Antragsfrist sei hinsichtlich des zuletzt gestellten Antrages nicht dadurch gewahrt, daß der Kläger bereits 1974 und 1975 entsprechende Nachentrichtungsanträge gestellt habe, da der rechtzeitige Eingang der früheren Anträge nicht die Rechtzeitigkeit jedes weiteren Antrages innerhalb von fünf Jahren bedinge. Die Anträge von 1974 und 1975 hätten ein bestimmtes Nachentrichtungsbegehren enthalten, dem die Beklagte voll entsprochen habe. Damit seien diese Anträge verbraucht gewesen, so daß aus ihnen weitere Rechte nicht mehr hergeleitet werden könnten. Von fristwahrenden Anträgen „formloser– Art oder „dem Grunde nach– könne nicht die Rede sein, da sie ganz bestimmte Angaben enthalten hätten. Es habe sich auch nicht um die Beantragung von Ratenzahlungen, sondern um Anträge auf Zulassung zur Beitragsnachentrichtung in jeweils einer Summe gehandelt. Von der Möglic...

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