Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Haarersatz für Männer bei krankheitsbedingtem Verlust des Haupthaares. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Bei Männern fällt die Versorgung mit einer Perücke bei krankheitsbedingtem vollständigem Haarverlust nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Darin liegt kein Verstoß gegen Art 3 Abs 3 S 1 GG (vgl LSG Mainz vom 5.4.2007 - L 5 KR 151/06).
Normenkette
SGB V § 33 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 23.07.2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer Perücke bei krankheitsbedingtem Haarausfall.
Der 1938 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet seit 1983 unter einem Haarausfall am ganzen Körper (Alopecia areata universalis ). Hinzu kommt eine Neigung zur Ausbildung von Weißflecken (Vitiligo ) bei ohnehin hellem Hauttyp. In der Vergangenheit war der Kläger mehrfach zu Lasten der Beklagten mit Perücken versorgt worden (vgl Aufstellung Bl 12 VA). Gestützt auf eine Bescheinigung des Hautarztes Dr K vom 11.11.2011 beantragte der Kläger mit Kostenvoranschlag des C H H vom 12.11.2011 über 820,00 € die Neuversorgung mit einer Herren-Kunsthaarperücke. Mit Bescheid vom 28.11.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil eine Kahlköpfigkeit oder der Haarverlust bei Männern nach der Rechtsprechung generell nicht als besondere Auffälligkeit angesehen werde. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, bei seiner Erkrankung zählten Perücken zu den medizinischen Hilfsmitteln. Außerdem bestehe ein hoher psychischer Leidensdruck. Er könne sein Spiegelbild ohne Behaarung nicht ertragen und sei in seiner Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt. Die Kostenablehnung der Beklagten habe dazu geführt, dass er sich zwischenzeitlich in psychiatrische Behandlung habe begeben müssen. Der Kläger legte Fotografien seines Kopfes mit und ohne Perücke vor. Die Ärztin im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Dr W -C führte im Gutachten vom 11.01.2012 aus, nach den vorliegenden Unterlagen bestehe beim Kläger eine totale Glatze ohne Narbenbildung. Eine beeinträchtigende Körperfunktionsstörung sei hieraus ebensowenig abzuleiten wie eine Entstellung. Kahlköpfigkeit oder Haarverlust bei Männern sei generell nicht als besondere Auffälligkeit anzusehen. Die Schutzfunktion des Kopfhaares vor Sonne und Kälte sei durch den Einsatz einer handelsüblichen Kopfbedeckung (Mütze/Hut) ausreichend zu ersetzen. Eine durch die Kahlköpfigkeit hervorgerufene psychische Störung sei ggf mit den Mitteln der Psychiatrie oder Psychotherapie zu behandeln. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2012 wies die Beklagte gestützt auf diese Beurteilung den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 20.03.2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Speyer erhoben und geltend gemacht, bei ihm sei die Ausstattung mit einer Perücke zur Vorbeugung einer drohenden Behinderung erforderlich. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass er auch an einer Pigmentstörung im Sinne einer Weißhautkrankheit leide, weshalb ohne die Schutzfunktion des Kopfhaares die ständige Gefahr eines Sonnenbrandes gegeben sei. Ein anderweitiger Kopfschutz könne im Rahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, zB bei religiösen Veranstaltungen im Freien, Beerdigungen usw nicht getragen werden. Er hat sich auf eine Bescheinigung des Hautarztes Dr K vom 07.05.2012 gestützt, wonach ganzjährig ein konsequenter Sonnenschutz einzuhalten sei und deshalb die Ausstattung mit einer Ganzhaarperücke medizinisch zu empfehlen sei; zu berücksichtigen sei auch die psychische Belastung durch den Haar- und Pigmentverlust. In seinem vom SG ergänzend eingeholten Befundbericht vom 13.08.2012 hat Dr K dargelegt, eine Perücke schütze natürlich die Kopfhaut vor Sonneneinwirkung. Rein theoretisch könnte ein Hut den gleichen Zweck erfüllen. Zudem müsse jedenfalls Sonnenschutzmittel aufgetragen werden. Der Kläger habe offenbar psychische Probleme mit dem Gedanken, einen Hut zu tragen. Ein Panama-Hut (schwarz oder beige) mit dem Lichtschutzfaktor 100 koste etwa 40,00 €, könne im Sommer und Winter zum Schutz vor Sonne und Kälte getragen werden und halte mehrere Jahre. Der Nervenarzt Dr K hat im Befundbericht vom 24.07.2012 dargelegt, der totale Haarausfall führe zu einer psychischen Beeinträchtigung mit Störungen der Selbstwertgefühle und Problemen des In-Erscheinung-Tretens, hier wären symptomatische Verbesserungen durch die Versorgung mit einer Herrenperücke möglich. Der Hausarzt des Klägers Dr F hat im Befundbericht vom 27.07.2012 ausgeführt, bei der Erkrankung des Klägers mit erhöhtem Hautkrebsrisiko sei ein So...