Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 16.10.1990; Aktenzeichen S 11 I 493/89) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz von 16.10.1990 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit.
Die 1940 geborene Klägerin unterzog sich zunächst von November 1956 bis Oktober 1959 einer kaufmännischen Lehre, ohne aber eine Prüfung abzulegen; danach arbeitete sie bis Mai 1960 als Küchen- bzw Haushaltshilfe. Von Februar 1961 bis August 1961 war sie als Verkäuferin beschäftigt, von April 1968 bis Oktober 1969 als Arbeiterin bzw Hausgehilfin und schließlich von April 1972 bis März 1988 nach einer Anlernzeit von einer Woche als Postzustellerin für die Brief- und Paketpost beim Postamt T.-T. Dort wurde sie nach dem Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in der Lohngruppe IV mit Zulage nach Gruppe II, Abschnitt II, entlohnt entsprechend Beamtentätigkeiten der Besoldungsgruppen A 2, A 3 und A 4.
Im Januar 1986 erlitt die Klägerin während der Postzustellung einen Unfall und zog sich eine Trümmerfraktur der rechten Kniescheibe zu. Im September 1987 beantragte sie Rente wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit und legte ein für die Bundespost-Ausführungsbehörde erstelltes Gutachten des Chirurgen und Unfallchirurgen T. vor. Die Beklagte holte einen Befundbericht des Artzes T. ein, der mitteilte, die Klägerin könne aufgrund der unfallfolgen derzeit Wegstrecken über 500 Meter nicht zurücklegen; wahrscheinlich werde im Mai 1988 eine Besserung eingetreten sein, so daß die Klägerin ihren Beruf wieder ausüben könne.
Mit Bescheiden vom 04.03.1988 und 29.04.1988 gewahrte die Beklagte der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 26.03.1988 bis 31.01.1989.
Im September 1988 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Zeitrente. Die Beklagte veranlaßte eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. N., der die Klägerin im November 1988 untersuchte. Der N. stellte einen Zustand nach deform verheilter Patellafraktur rechts mit leichter retropatellarer Arthrose und eine allgemeine Voralterung bei Verdacht auf Alkoholabusus fest. Er führte aus, die Klägerin sei noch in der Lage, vollschichtig eine leichte körperliche Arbeit vorwiegend im Sitzen mit kurzzeitigem Aufstehen und Umhergehen auszuüben; das Tragen von Lasten, häufiges Hocken oder Besteigen von Leitern oder Gerüsten sei ihr nicht mehr zumutbar, öffentliche Verkehrsmittel könnten uneingeschränkt benutzt werden und ihr sei ein Gehweg von bis zu 1.000 Meter im flachen Gelände zumutbar.
Mit Bescheid vom 02.12.1988 und Widerspruchsbescheid vom 17.08.1989 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, als angelernte Arbeiterin oberen Ranges könne die Klägerin noch auf die Tätigkeiten einer Sortiererin/Verpackerin in industriellen Fertigungsbereichen oder einer einfachen Pförtnerin verwiesen werden.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, im Hinblick auf ihre tarifliche Einstufung genieße sie Facharbeiterschutz. Eine Tätigkeit im Bereich des Postamtes T.-T. im Innendienst stehe nicht zur Verfügung.
Mit Urteil vom 16.10.1990 hat das Sozialgericht (SG) Koblenz die angefochtenen Bescheide teilweise aufgehoben, die Beklagte zur Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne ihren Beruf als Postzustellerin nicht mehr ausüben. Die Klägerin sei nach der Lohngruppe für Facharbeiter entlohnt worden; nach der Auskunft der Arbeitgeberin habe die Einstufung der Klägerin den Arbeitsleistungen entsprochen. Als Facharbeiterin könne die Klägerin auf andere Facharbeitertätigkeiten oder die Gruppe der Anlernberufe verwiesen werden. Die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten seien der Klägerin als Facharbeiterin nicht sozial zumutbar. Sie sei auch nicht zumutbar auf die Tätigkeit einer Verwaltungsfachkraft im Innendienst oder Schalterdienst verweisbar, da ihr hierzu die Vorbildung fehle, Andere Verweisungstätigkeiten seien nicht ersichtlich. Erwerbsunfähigkeit liege dagegen nicht vor, wie sich aus dem Gutachten des Dr. N. ergebe.
Am 19.11.1990 hat die Beklagte Berufung gegen das ihr am 29.10.1990 zugestellte Urteil eingelegt
Die Beklagte trägt vor,
die Klägerin sei nicht berufsunfähig; sie genieße keinen Berufsschutz als Facharbeiterin. Sie sei für ihre Tätigkeit als Postzustellerin 1972 lediglich 4 Tage angelernt worden und nach der Lohngruppe II entlohnt worden. Nach dem Wert der verrichteten Tätigkeit könne der Klägerin kein Berufsschutz als Facharbeiterin zugebilligt werden.
Mit dem gutachterlich festgestellten Rest Leistungsvermögen werde die Klägerin für noch in der Lage gehalten, vollschichtig zB Tätigkeiten wie di...