Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung. Prüfverfahren des MDK. Anforderung von Prüfungsunterlagen. Übersendungsfrist des § 7 Abs 2 PrüfvV 2016. keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. hier: Anforderung „sämtlicher prüfungsrelevanter Unterlagen“. keine Verpflichtung des Krankenhauses, in eigener Verantwortung über die Erforderlichkeit weiterer zu prüfender Unterlagen zu entscheiden
Orientierungssatz
1. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Übersendungsfrist des § 7 Abs 2 PrüfvV 2016 (juris: PrüfvVbg) keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist enthält (vgl LSG Mainz vom 29.8.2019 - L 5 KR 12/19, vgl auch LSG Stuttgart vom 17.4.2019 - L 5 KR 1522/17; aA LSG Stuttgart vom 17.4.2018 - L 11 KR 936/17, LSG Darmstadt vom 28.5.2020 - L 8 KR 221/18). Das nicht näher begründete obiter dictum im Urteil des BSG vom 28.5.2020 - B 1 KR 33/18 R = SozR 4-2500 § 109 Nr 77 RdNr 16 vermag den Senat auch bei nochmaliger Prüfung nicht davon zu überzeugen, dass der vorliegend einschlägige § 7 Abs 2 PrüfvV 2016 oder der vom BSG angeführte § 7 Abs 2 PrüfvV 2014 eine im gerichtlichen Verfahren beachtliche materiell-rechtliche Ausschlusswirkung haben.
2. Eine materiell-rechtliche Ausschlusswirkung erstreckt sich nicht auf solche Unterlagen, deren Übersendung vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) nicht nach § 7 Abs 2 S 2 PrüfvV 2016 ausdrücklich verlangt worden ist. Eine in der Anforderung des MDK verwendete Formulierung, dass um Übersendung „sämtlicher prüfungsrelevanter Unterlagen, gemäß § 7 Abs 2 S 4 PrüfvV, mindestens jedoch um Übersendung der folgenden Unterlagen“ gebeten werde, begründet keine Verpflichtung des Krankenhauses, in eigener Verantwortung über die Erforderlichkeit weiterer zu prüfender Unterlagen zu entscheiden.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 31.10.2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung. Im Streit steht dabei nur noch die Frage, ob der Vergütungsanspruch der Klägerin aufgrund von § 7 Abs. 2 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV 2016) gemäß § 17c Absatz 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vom 03.02.2016 ausgeschlossen ist.
Die Klägerin ist Trägerin des nach § 108 SGB V zugelassenen M Klinikums B-W , dem das S Krankenhaus N angehört. Dort wurde vom 07.12.2017 bis 08.12.2017 der bei der Beklagten versicherte P K (geboren 1998; im Folgenden: Versicherter) behandelt. Dem Versicherten war durch die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S am 07.12.2017 Krankenhausbehandlung verordnet worden wegen der Diagnose „seit Monaten zunehmende Cephalgien , jetzt seit gestern Schwindel und Brechreiz“. In der Anamnese wurde festgehalten, dass der Versicherte wegen seit längerer Zeit bestehenden Cephalgien von der Hausärztin eingewiesen worden sei. Heute habe er seine Hausärztin wegen stärkster Kopfschmerzen aufgesucht, er habe eine Infusion mit Novalgin und Vomex erhalten, daraufhin sei eine Besserung der Symptomatik eingetreten. Er habe regelmäßig alle vier Wochen stärkste Kopfschmerzen. Sein Vater habe einen Hirntumor gehabt, die Mutter habe Migräne. Am 08.12.2017 wurde eine Kernspintomographie des Neurocraniums durchgeführt. Der Versicherte verließ am gleichen Tag auf eigenen Wunsch gegen ärztlichen Rat das Krankenhaus. Im Entlassungsbericht vom 20.12.2017 wurde neben der Anamnese als Diagnose „großes Harmatom vom Hypothalamus bis zum rechten Kleinhirnbrückenwinkel reichend mit Verlagerung und Imprägnierung der angrenzenden Strukturen; DD: weniger wahrscheinlich ist ein niedriggradiges Gliom“ aufgeführt.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 19.12.2017 insgesamt 1.242,69 € in Rechnung. Dabei brachte sie die Fallpauschale (Diagnosis Related Group (DRG)) B66D (Neubildungen des Nervensystems, ein Belegungstag oder ohne äußerst schwere CC, Alter )15 Jahre) in Ansatz. Die Beklagte beglich die Rechnung und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (MDK) mit der Überprüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung. Mit Prüfanzeige vom 27.12.2017 bat der MDK um Übersendung „sämtlicher prüfungsrelevanter Unterlagen, gemäß § 7 Abs. 2 Satz 4 der PrüfvV, mindestens jedoch um Übersendung der folgenden Unterlagen: Arztbrief(e), prüfrelevante Prozedurenunterlagen, Fieberkurve(n), Pflegedokumentation sowie Verlaufsdokumentation aller Berufsgruppen, Aufnahmedokumentation“. Im Gutachten vom 06.03.2018 kam der Arzt im MDK M zu dem Ergebnis, dass keine medizinische Notwendigkeit der Aufnahme in ein Krankenhaus zur stationären Behandlung bestanden habe. Die Beklagte verrechnete daraufhin am 12.03.2018 den bereits gezahlt...